David Adamo hat während der letzten Jahre an skulpturalen Installationen gearbeitet, die ihren Ausgangspunkt in Alltagsobjekten aus Holz haben, wie zum Beispiel Äxte, Schießbogen, Pfeile und Baseballschläger, die als Verlängerung der menschlichen Hand dienen. An diesen schnitzt der Künstler so lange herum, bis sie nicht mehr als solche zu gebrauchen sind. Die sich daraus ergebenden Skulpturen bewahren ihre Holzspäne und ausrangierten Teile der transformierten Objekte als ein Zeugnis für das Interesse des Künstlers am performativen Aspekt des körperlich-werkenden Akts und als Hinweis auf seine Vergangenheit als Tänzer und Performancekünstler. In seinen jüngeren Werken bedient sich Adamo

nicht länger ausschließlich ehemals funktionaler Objekte. Stattdessen hat er damit begonnen, rohe, unbearbeitete Holzbalken zu nutzen. Dies macht es möglich, den Fokus von dem, was ein Objekt einmal war, auf das Körperliche des künstlerischen Akts sowie auf die Entwicklung einer neuen künstlerischen Sprache zu verlagern, einer Sprache, in der Skulptur ein Zeugnis wird für Performance und Performance unverzichtbar für die Geburt einer Skulptur.

Robert Ludwig, Christian Diaz Orejarena, Michel Aniol, Anne Arlt, Vera Buhß, Friedrich Herz, Robert Lakomczyk, Lukas Quietzsch, Philip Shafer, Albert McCloud / Christoph Bannat, Axel Gerber / Gintersdorfer/Klaßen / Katja von Helldorff, Cristian Forte, Senta Burma, Sophie Heartbreakin' Fatale, Nean Lhok, Lady Gaby / JOKAklubi, Ulu Braun, Miss le Bomb, Mimosa Pale, Pasi Mäkelä, Guests / Zigaretten Rauchen / Clegg & Guttmann

After the Butcher versteht sich als „Projektraum von Künstlern für Künstler“, der jungen beziehungsweise weniger bekannten Künstlerinnen und Künstlern eine Möglichkeit und Plattform bietet, ihre Arbeit vorzustellen. Seit 2006 verfolgen Franziska Böhmer und Thomas Kilpper dieses Anliegen mit bis dato 29 Ausstellungen in ihrem Haus in der Spittastraße in Berlin-Lichtenberg, einer ehemaligen Metzgerei.

Auf Einladung von based in Berlin, das gesamte dritte Obergeschoss des KW – Institute for Contemporary Art zu bespielen, luden After the Butcher ihrerseits eine Vielzahl von Künstlern ein, Beiträge für ein mögliches Programm zu entwickeln. Der weitgehend leere Ausstellungsraum wird von sechs Künstlergruppen mit zeitbasierten Formaten bespielt.

Die amerikanischen Künstler Daniel Keller und Nik Kosmas leben und arbeiten seit ihrer künstlerischen Zusammenarbeit und der Gründung ihrer

gemeinsamen Internetseite Aids-3D.com im Jahr 2006 in Berlin. Eines der zentralen Themen ihrer Arbeit behandelt unsere Wahrnehmung der zunehmenden Verschmelzung realer und virtueller Welten. Für based in Berlin erstellen sie eine modulare Glassskulptur, die durch ein Hologramm mit einem Motiv einer Solarzelle versehen ist. Durch die Technik des Hologramms kann ein dreidimensionales Objekt in seiner gesamten Ausdehnung eingefangen und durch einen optischen Trick wiederum räumlich wiedergegeben werden, obwohl alle Informationen des Objekts faktisch auf eine Fläche gedrückt werden. Dabei nimmt das Licht bei der Erzeugung und Auflösung der Illusion eine zentrale Rolle ein. Das eingelassene Hologramm ist nur von der helleren Seite des Glases sichtbar. Von der dunkleren Seite blickt man durch das Glas, als wäre das Hologramm nicht vorhanden. Das real vorhandene löst sich auf und wird verhandelbar mit dem virtuellen. Exemplarisch führt die Arbeit vor, inwiefern Realitäten über unseren Ausgangs- und Betrachterpunkt definiert werden und durch perspektivische Verschiebung das Reale und das Virtuelle miteinander in eine Wechselbeziehung treten. FF

aids-3d.com

Die Graffiti-Kultur ist bleibender Bezugspunkt für Akims Arbeit. Neben einer langjährigen Aktivität als Sprayer ist sein originäres Betätigungsfeld auch Gegenstand seiner Arbeiten im Kunstraum. Sein Video mit dem Titel Leistungsschau, das — wie typische Genre-Videos der Graffiti-Kultur — Sprayer bei ihren Aktionen dokumentiert, provoziert im Kontext der Ausstellung die Frage nach den Leistungskriterien zeitgenössischer Kunst.

Graffiti erscheint in Akims Arbeiten nicht nur im Zusammenhang der Produktion verschiedener Werke, sondern als gelebte Haltung. Entsprechend unterstreicht Akim die Unmöglichkeit und Unsinnigkeit, Graffiti-Kultur innerhalb von Ausstellungsräumen zu repräsentieren, indem er Graffitits in Form abgeschlagenen Putzes in einer typischen Kunsttransportkiste in den Kunst-Werken ausstellt.

Die Künstlerin Özlem Altin arbeitet meist installativ. Aus einer persönlichen Sammlung von Bildern stellt sie assoziativ Gemeinsamkeiten und Gegensätze der verwendeten Motive einander gegenüber. Im Speziellen interessiert sie dabei das Konzept des Körpers. Die Gesichter als besondere Merkmale der Identitäten des Körpers werden zumeist abgedeckt und unkenntlich gemacht: die Personen sind somit austauschbar, verlieren ihr spezifisch Persönliches und werden in die Objekthaftigkeit überführt. Diese Assemblagen verschiedener Bilder fügt Altin mit weiteren Objekten zu Installationen zusammen. Wenn dabei Bilder von Körpern an einem Stuhl oder an einer Wand lehnen, werden sie jedoch nicht als Oberflächen der Projektion, sondern als tatsächliche Objekte im Raum behandelt. Die Abbilder werden zu Objekten, indem sie in den räumlichen Bezug zur Installation, zum Körper und zu den Proportionen des Betrachters treten. Altin erreicht dadurch eine tautologische Verstrickung, bei der ihre Arbeiten in eine ständige Wechselbeziehung zwischen Körper und Objekt geraten. Sie erschafft Arbeiten, die sich als Objekte installativ im Raum positionieren und sich aktiv dem Körper des Betrachters gegenüber stellen. FF

ozlemaltin.com

Julieta Aranda markiert Prozesse, in denen Still- stand und Bewegung sich verzahnen. Rhythmus und Zirkulation sind entsprechend zentrales Moment ihrer Installationen.

Die Arbeiten Arandas vollziehen sich dabei auf verschiedenen Ebenen. Sie erscheinen einerseits als Spiel mit unserer Wahrnehmung: Wir sehen Teile des Kunstwerks nur, wenn wir sonst nichts mehr sehen. Licht, Schatten und Dunkelheit, Erscheinen, Erlöschen und Auslöschen bedingen einander—

das wird uns leibhaftig vorgeführt. Anderseits führen diese Wahrnehmungsspiele und die humorvollen Titel der Arbeiten zahlreiche, oftmals politische Referenzen mit sich.

In It is not necessary to resolve this (2009) erkennen wir zunächst nur eigenartig geformte Farbflächen an der Wand. Erst wenn die Beleuch- tung des Raums für kurze Zeit erlischt, sehen wir Graffiti fluoreszieren. Beschriftungen der Stadt, die im Zuge der Gentrifizierung ausradiert wurden, flackern wieder auf als schwach schimmernde Warnsignale.

Glanz und Glorie des besungenen Himmels- reichs „a happy land, far, far away“ wird mehrdeutig verzerrt zum There is a heppy lend — fur, fur awa-a-ay (2011). Das klingt wie ein Sprung in der ideol- ogischen Schallplatte; der Horizont nimmt entspre- chend die Form einer grün schillernden Leinwand an, auf der kleine Antennen riesige Schatten werfen.

Die gerade Bahn des Fortschritts und des Glaubens verkreiselt und verkräuselt sich vor unseren Augen. JS / NT

Auf Einladung zieht das AUTOCENTER nun für sechs Wochen in das ehemalige Atelierhaus im Monbijoupark und setzt im Rahmen von based in Berlin und somit im Zentrum der Stadt sein eigenes Programm fort: Zwei Gruppenausstellung, kuratiert von dem amerikanischen Kunstkritiker Max Henry beziehungsweise von dem Berliner Künstler Manfred Peckl, sowie eine Ausstellung des Künstlers Adrian Jeftichew werden gezeigt. Integraler Bestandteil der Shows im AUTOCENTER ist dessen unverwechselbare blau weiß gestreifte Deckengestaltung, die im Atelierhaus entsprechend nachgebaut wird – und auch die AUTOCENTER-Bar wird bei den drei Eröffnungen selbstredend nicht fehlen...

autocenterart.de

Die Arbeiten der dänischen Künstlerin Nina Beier spielen mit den konventionellen Hierarchien von Figur und Grund, Inhalt und Rahmen, Kunstwerk und Support... Ihr Werk Shelving for Unlocked Matter and Open Problems (2010) besteht aus kleinen vorgefundenen Skulpturen, die eher dem Kunsthand- werk zuzuordnen sind als der Bildenden Kunst. Sie sind zurechtgestutzt, um gläserne Regalböden zu tragen. Nicht das Möbelstück dient als Träger für die Statuetten, sondern diese werden umgekehrt zu bloßen Stützen der Regalfächer degradiert. Gleichzeitig ist aber das so entstandene ...

Rocco Bergers Skulpturen gleichen Apparaturen. Raue Materialien werden mittels einfacher Mecha- nik miteinander verschaltet und treten an, Kunst zu produzieren. Dabei entstehen Materialisierungen von Redewendungen, Wortspiele werden in skulpturale Funktionsmechanismen übersetzt.

In based in Berlin zeigt Berger seine Arbeit Oil Painting (2010). Aus einem Benzinkanister läuft über eine Gardena-Tröpfelanlage Altöl auf eine nur lose an der Wand befestigte Plastikfolie. Diese wird vom Wind eines Ventilators leicht aufgebläht und bewegt, sodass das Altöl in unregelmäßigen Bahnen darüber läuft und dabei eine flüchtige schwarze Zeichnung hervorbringt. An der Fußseite wird das Öl von einer Rinne aufgefangen und in ein Glasgefäß geleitet.

Die Apparatur gerät hier zum Originalgenie, das die Farbe „intuitiv“ genau richtig verteilt und Schönheit generiert. Die Ironie des Konzepts wird ästhetisch gebrochen, denn das Resultat des einfachen Mechanismus ist eine zarte, schöne Zeichnung. Prominentes und bestimmendes Merkmal der Arbeit aber ist und bleibt die dreiste Direktheit, mit der Berger vorgeht, wenn er solche in den Raum gebaute Buchstäblichkeit produziert. JS / NT

Die Schwierigkeit, das künstlerische Werk von Gerry Bibby genau zu verorten, ist beabsichtigt, da es Neuland betritt. Mit seinen Werken, die aus bewusst komplizierten und kalkuliert präzisen plastischen Gesten hervorgehen, aus geborgten und selbstverfassten Texten sowie aus Elementen sorgfältig choreografierter und gleichzeitig verrückt planloser Performance, erstellt Bibby eine inspirie- rende und originelle Neubestimmung von etwas, das man einen Prozess nennen könnte—ein Prozess, der keine Grenzen kennt und voller spielerischer Subversionen und strategischer Projektionen ist, denen komplexe kulturelle Bezüge eingeschrieben sind. Der Initialimpuls für das Werk EXIT OPTIONS (I–VI), das speziell für based in Berlin geschaffen wurde, basiert sich auf der Situation der Ausstellung. Ausgehend von einem Werk Robert Rauschenbergs aus der Sammlung Marx (zu sehen im Hamburger Bahnhof), zeigt Bibbys EXIT OPTIONS einen Weg, das Werk nicht nur als Skulptur, sondern vielmehr als Verarbeitung und Darstellung eines Problems zu lesen. Während- dessen kommen die Überbleibsel von Bibbys Skulptur auf der Rückseite des Museums in einem vergessenen Garten (wieder) zusammen—eine skulpturale „Option“ mit dem Titel Include Me Out, die zu einer Alternative wird, das man aktiv suchen muss. Übersetzt aus dem Englischen

Juliette Blightmans Werke entfalten sich in Zeit und Raum wie meditative, phänomenologische Erzählun- gen, die—auf den ersten Blick—möglicherweise gar nicht existieren. Die grundsätzlich sehr persön- lichen Installationen, Performances und Filme von Blightman laden ihre Zuschauer auf eine fast filmische Reise durch eine Reihe subtiler (wenn nicht einfacher, oder sogar gewöhnlicher) Gesten ein.

Die Installation für based in Berlin veranschau- licht Blightmans Neigung zur Ausdehnung von eigener Zeit und eigenem Raum, indem sie eine „innere“ Reise heraufbeschwört—eine Reise, ohne sich räumlich zu entfernen. Das Werk mit dem Titel For often in one we find a day has strayed from another (2011) wurde von Marcel Prousts Auf der Suche nach der verlorenen Zeit (1909—1922) und durch die Partituren von John Cage inspiriert, die als solche Texte gelesen (oder gehört) werden können, die zwischen zwei Momenten des Schweigens angesiedelt sind. Die Bestimmung dieses segmen- tierten Kontingents von Zeit selbst, fasziniert Blightman und legt die Konturen ihrer stillen, doch radikalen Werke fest. Übersetzt aus dem Englischen

In based in Berlin zeigen Erik Blinderman und Lisa Rave mit The Villages einen neuen Film, der zwei Drehorte zu einem fiktiven Ort zusammenschließt und so deren strukturelle Analogien herausarbeitet.

Die Rentner-Siedlung The Villages inmitten Floridas wurde in den 1980er-Jahren im Stil des 19. Jahrhunderts erbaut. Die Gebäude haben die Anmutung von uraltem, abbröckelndem Mauerwerk, und kleine Ruinen zieren die Parks. Vor einigen Häusern erzählen Tafeln die Geschichten ihrer erfundenen Erbauer. Die Stadt gleicht einem Themenpark. Der zweite Ort ist Swakopmund, eine deutsche Kolonialsiedlung in Namibia, die Ende des 19. Jahrhunderts im Stil des deutschen Historismus inmitten von Palmen erbaut wurde. Bis heute hält man sich bei Neubauten streng an diese architektonischen Vorbilder.

In dokumentarischem Stil beobachtet die Kamera die repressive Planmäßigkeit und Kohärenz, in der die jeweiligen Fantasmen in Stein gemauert sind. Beide Orte schließen sich hermetisch nach außen ab und reproduzieren die Konstruktion ihrer Gemeinschaft durch das Verdrängen anderer Narrative und der Geschichte. Die ideologischen Mauern sind in Swakopmund, wo Segregation de facto praktiziert wird, durch elektrische Zäune ergänzt, deren lautes Klicken einer Filmpassage ihren bedrohlichen Rhythmus vorgibt.

Ausgangspunkt für die Aufnahmen in The Villages ist The Prisoner, eine populäre TV Serie aus den 1960ern, deren Protagonist an einem Ort namens The Village gefangen gehalten wird. Swakopmund diente kürzlich als Drehort für ein Remake der Serie. Die Künstler greifen auf die Struktur des „Filmsets“ zurück, um Analogien von Orten und fiktiven Welten zu entfalten.

Der Film wurde mit großzügiger Unterstützung der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, von VENIM Berlin und based in Berlin produziert. JS

Die französische Künstlerin Juliette Bonneviot beschäftigt sich in der Malerei unter anderem mit der Konstruktion von Bildern und deren zahlreichen Ebenen von Interpretation und Re-Interpretation. Sie bedient sich in ihrer Arbeit sowohl der Hoch- als auch der Populärkultur und führt diese ineinan- der über. Aus Abbildungen von amerikanischen Action Paintings der 1950er- und 1960er-Jahre und deren zugrunde liegendem Mythos des ursprüngli- chen Künstlergestus entnimmt sie Details, die sie in Bildbearbeitungsprogrammen auf virtuell erzeugte Formen von Globen und Monolithen überträgt.

Für based in Berlin präsentiert sie eine Installa- tion, die den Raum vibrieren lässt. Der Legende nach erschien dem französischen Komponisten Giuseppe Tartini in einer Nacht im Jahr 1713 der Teufel, um ihm eine wunderbare Sonate vorzuspie- len. Dieses Musikstück rekonstruierte Tartini aus seinem Traum heraus und Bonneviot überführt es im Rahmen ihrer erneuten Umwandlung in ein Midi-Signal. Schicht um Schicht entfernt sich bei Bonneviot durch Interpretation und Re-Interpretati- on die Arbeit von ihrem Ursprung, sodass die Idee des Originals zugunsten des Prozesses und einer stetigen Veränderung dekonstruiert wird. FF

www.juliettebonneviot.com

Der schwedische Künstler, Komponist und Autor Erik Bünger re-kontextualisiert existierende künstlerische Medien in Performances, Installa- tionen und Web-Projekten, die die Trennung von authentischer und simulierter Erfahrung hinterfragen.

Obwohl sich seine Werke zunehmend der zeitgenössischen Konzeptkunst nähern, ist seine Verbindung von auditiven und visuellen Elementen auch mit dem literarischen Geschichtenerzählen verbunden. Verschiedene Zeitlinien überschneiden sich und verbinden vergangene Welten mit unserem heutigen Denken. Das Schlüsselwort ist Trans- formation. Für based in Berlin präsentiert er die Klang- und Videoinstallation The Allens, bei der ein Computerprogramm ständig zwischen verschiede- nen stimmlichen Verkörperungen von Woody Allen wechselt. Für den gebürtigen Schweden war es schockierend, in Deutschland synchronisierte Filme zu sehen und dabei mit so vielen seltsamen, depla- zierten Stimmen konfrontiert zu werden. Woody Allen spielt in jedem Film dieselbe Figur, die durch ihre Stimme definiert wird. „Als ich The Allens schuf, hatte ich die Vorstellung von all diesen kleinen Allens aus verschiedenen Ländern und innen drin Woody, der darum kämpft, wer der wirkliche Allen sei. Irgendwie sah er so traurig und verwirrt aus, mit all dem unsinnigen Geschwafel, das aus seinem Mund kam.“ Übersetzt aus dem Englischen

Die Arbeiten von Nina Canell scheinen von einer bestimmten Veränderlichkeit und Ungewissheit zu erzählen. Ihre Gemeinschaften von Objekten interagieren still miteinander durch schlichte Arrangements oder ausbalancierte innere Antriebe, mit deren Hilfe bestimmte Frequenzen, Bewegungen oder Höhen beibehalten werden. Gefundene Objekte und Dinge aus der Natur, Elektroschrott und Kabel bilden temporäre, fast performative plastische Allianzen, gefällige Momente von Synchronizität, die irgendwo zwischen dem Materiellen und dem Immateriellen existieren, indem sie feste Objekte mit mentalen Ereignissen verbinden.

Die Arbeit Black Light (For Ten Performers) ist wohl ihr bisher immateriellstes Projekt. Es wurde für zehn Sammler entwickelt. Die Teilnehmer wurden gebeten, eine elektrische Zeitschaltuhr für eine begrenzte Zeit zu installieren. Diese war ferngesteuert und manifestierte sich über eine Reihe synchronisierter Stromausfälle über einen Zeitraum von 12 Monaten hinweg. Als Nachlass dieser Prozesse wird Canell die Reihe von Briefen ausstellen, die jedes Mal an die Teilnehmenden geschickt wurden, wenn es einen Stromausfall gegeben hatte. Diese Briefe hielten den genauen Zeitpunkt sowie das Datum der Stromausfälle in ihren jeweiligen Haushalten fest. Zusätzlich befindet sich ein aus Kabelresten zusammengesetz- ter Kreis in der Ausstellung, die die Teilnehmer aus den Stromnetzen in ihren Haushalten entfernt hatten. Übersetzt aus dem Englischen

Nicolas Ceccaldi fertigte vor kurzem eine Serie hochwertiger, maßgeschneiderter Prototypen von Überwachungskameras aus geschmolzenem Kinderspielzeug an. Diese biomechatronischen Dispositive, beschriftet mit Fantasien über den Totalen Krieg, halten ein wachsames Auge auf unsere Realität. Indem Ceccaldi diese an Bild- wiedergabegeräte beispielsweise an einen Video- projektor anschließt, untersucht er in einem perfomativen Akt die unaufhörlichen Dialoge und Rückkopplungen zwischen postfordistischen Überwachungsapparaten, künstlich errichteten Umgebungen und individualisierter Kreativität.

Im Rahmen von based in Berlin wird Ceccaldis neuestes Werk präsentiert, das das Ergebnis einer fortlaufenden Reflexion über binäre Polaritäten wie „Inneres versus Äußeres“ und „Naturalismus versus Manierismus“ dokumentiert. Ein Käfig erscheint als eine mobile Einheit, gefüllt mit urbanen Inhalten, und illustriert die diskursiven Analogien zwischen der Herstellung von Kunst, dem Gefangennehmen und dem Sammeln von Objekten des Außenraums.

Übersetzt aus dem Englischen

Sunah Choi arbeitet ebenso mit Fotografie wie mit Skulptur, Video und Installation. Ihr Werk beschäf- tigt sich oft mit der Wahrnehmung des Zufalls und beruht auf einer Erörterung von Prozessen der kulturellen Aneignung. Sie erkundet die Erschei- nung von Material als Form sowie die Art und Weise, wie Formen erscheinen. Choi kreiert Kompositionen und Arrangements aus Formen, die eine Beziehung zu der besonderen Ästhetik und dem Inhalt haben, von denen sie durchdrungen sind. Ihre Installationen basieren auf der Untersuchung von Materialien und Kompositionen von Objekten, die häufig (durch subtile Interventionen) in andere Dimensionen übertragen werden.

In dem Werk Lichtbahnen (Zeit und Blende) geht es um das Prinzip der Fotografie und der Verkörpe- rung des Prozesses des Fotografierens. In der Fotografie bezeichnet der Belichtungswert eine kalkulierte Kombination von Zeit (Belichtungszeit) und relativer Blende. Für die Installation verwendet die Künstlerin zwei Hintergrundpapiere, die zur Standardausrüstung von Fotostudios gehören. Ein programmierter Mikrocontroller steuert zwei Motoren. Er trifft eine zufallsbedingte Auswahl aus einer Reihe von digitalisierten Zeichen aufgrund von zwei Werten, was in eine Bewegung der Papiere übersetzt wird: Das weiße Hintergrundpapier repräsentiert die Zeit, das schwarze Papier steht für Blende. Übersetzt aus dem Englischen

sunahchoi.com

Das Künstlerduo Jay Chung und Q Takeki Maeda untersucht in seinen Arbeiten visuelle wie textuelle Erzählstrukturen. 2006 stellten sie in einer Einzel- ausstellung lediglich die Presseerklärung und sieben gerahmte Siebdrucke aus, die jeweils einen Satz der Presseerklärung in Form eines linguistischen Diagramms darstellten. Im Rahmen von based in Berlin konfrontieren Chung und Maeda Abläufe aus der Politik mit Funktionsmechanismen, die wir aus populärkulturellen TV-Formaten wie „Deutschland sucht den Superstar“ kennen: Um einen Gewinner zu produzieren, braucht es Verlierer. Die in der Ausstellung gezeigte Arbeit nimmt die Form eines Gedankenexperiments an, das den politischen Werdegang Klaus Wowereits entsprechend der Logik solcher populärkultureller Formate erzählt. Ge- rahmte Fotos seiner ehemaligen Herausforderer ergeben ex negativo eine Art Porträt des Regieren- den Bürgermeisters von Berlin.

Beschäftigen sich Chung und Maeda in ihren Arbeiten mit Verzerrungen, die sich ergeben, wenn die narrative Logik eines Systems auf ein anderes übertragen wird, zeitigt das auch Implikationen für den Kontext von based in Berlin. Die Frage, inwiefern die ausgestellten Beschreibungsmuster mit solchen der Gegenwartskunst korrespondieren oder diese konterkarieren drängt sich in den Raum. JS / NT

Kerstin Cmelkas künstlerische Praxis hat sich allmählich von Fotografie und Film zu einem überraschenden Repertoire von Live Performances weiterentwickelt. Ihre One-Night-Performance für based in Berlin mit dem Titel Change ist die Adaption eines Theaterstücks von Wolfgang Bauer aus dem Jahr 1969. Diese neue Arbeit, die Cmelka schon früher als Film realisiert hat, ist Teil ihrer laufenden Serie von Mikrodramen—eine Reihe von volksthea- terähnlichen Performances und Filmen, die Auszüge aus klassischen dramatischen Texten, sowie Mainstream-Klischees aus Filmen und aus traditio- nellen Theatergenres enthalten. Mit einer Kakopho- nie aus Sprachen und Dialekten sowie humoristi- schen und tragischen Erzählungen evozieren ihre Werke zwar dramatische Formen wie Vaudeville, Soap-Opera, stilisierte Hollywoodfilme der 19040/50er-Jahre und Performance-Kunst der 1960/70er-Jahre, passen sich diesen aber nicht an. Cmelkas Werke entstehen meist während einer Art von Verhandlungsprozess, zu dem sie ihre Künstler- freunde als Schauspieler einlädt. In zahlreichen Proben formt sie die Charaktere ihrer Schauspieler durch Text, Gesten, Kostüme—aber vor allem durch Wiederholung. Das Ergebnis ist eine vertraute Geschichte, aufgeführt von einer Gruppe bunter Archetypen, die kritische Untertöne von durchdringender sozialer Kritik enthüllen.

Übersetzt aus dem Englischen

In den Filmen der Künstlerin Keren Cytter werden leidenschaftliche Beziehungsdramen kammerspiel- artig in Szene gesetzt. Der Zuschauer wird dabei in deren Strudel hineingezogen, auch wenn die Immersion nie vollständig gelingt, da die Erzeu- gungsmechanismen der Illusion gleich miterzählt werden.

In dem Video Avalanche (2011) wird in vier Episoden eine Dreiecksgeschichte heraufbeschwo- ren, indem die damit verbundenen filmischen wie gesellschaftlichen Codes herbeizitiert werden. Dass die Erzählung im Modus des Fragments verbleibt und sich nicht zu einem kohärenten Ganzen fügen lässt, vermag den zeitgenössischen Zuschauer nicht weiter zu stören. Zu gut kennt er das Gestenrepertoire des filmischen Genres und komplettiert die fehlenden Teile umstandslos. In der letzten Episode erfahren wir, weshalb das alles so gut funktioniert: Eine Stimme erklärt uns in einem Video-Tutorium die Vorzüge der verwendeten Kamera, die es jedem Amateurfilmer erlaubt, in hollywoodähnlicher Qualität zu filmen. Die Canon EOS D7 wird somit als Matrix der Gefühle decouv- riert und der Zuschauer als potentieller Filmprodu- zent adressiert. JS / NT

Kajsa Dahlbergs Arbeiten befragen die Inhalte und Subtexte von medialen Ausdrucksformen: Wie sind kollektive und individuelle Narrative miteinander verstrickt? Wie spielen politische Repräsentation, historische Diskurse und individuelle Identitätsbil- dung ineinander? Und welche Rolle übernimmt dabei das Trägermedium?

Die Arbeit Ein Zimmer für sich / Ein eigenes Zimmer / Ein Zimmer für sich allein / Vierhundertdrei- unddreißig Bibliotheken besteht aus tausenden Exemplaren ein und desselben Buches, der deut- schen Ausgabe von Virginia Woolfs feministischem Klassiker A Room of One’s Own aus dem Jahr 1929.

Die Ausstattung erinnert an Reclams Univer- sal-Bibliothek, doch schlägt man eines der Bücher auf, stellt man fest, dass es sich nicht um eine herkömmliche Ausgabe handelt. Mannigfaltige Randnotizen, Markierungen und Unterstreichungen befinden sich darin. Sie entstammen nicht einer Handschrift, sondern vielen. Ein Netz unterschied- lichster Lektürepraktiken hat sich buchstäblich in den Text eingeschrieben.

Woolf hatte in ihrem Essay postuliert: „For masterpieces are not single and solitary births; they are the outcome of many years of thinking in common, of thinking by the body of the people, so that the experience of the mass is behind the single voice.“ Dieser Prämisse Rechnung tragend, werden in Dahlbergs Arbeit Reaktionen der Leserinnen und Leser auf den Text eingefangen. Sie wurden von der Künstlerin aus zahlreichen in Berliner Bibliotheken verfügbaren Exemplaren in eine Ausgabe des Essays übertragen. Der Schrecken jeder Bibliothekarin und jedes Bibliothekars wird bei Dahlberg zu einer Art materialisierter Rezeptionsgeschichte. JS / NT

Mariechen Danz versetzt die Repräsentationssyste- me von Wissenschaft und Kunst in einen Schwindel erregenden Tanz. Einzelne Details historisch und ethnisch heterogener Wissenskulturen werden aus ihren herkömmlichen Zusammenhängen herausge- löst und miteinander in Szene gesetzt. Dabei implodieren unsere Ordnungs- und Erklärungsmus- ter und die in ihnen gebannte Energie wird frei.

Der Betrachter mag das Gefühl haben, in ein Reich fremder Zeichen einzutauchen oder fantasti- schen Dioramen gegenüberzustehen. Dabei hat Danz nur genau hingesehen und gesammelt: Welche ästhetischen Qualitäten schlummern in einem anatomischen Modell? Mit welchen comichaften Gesten hat antike Kartografie operiert? Und was passiert, wenn man diese ins Dreidimensionale überführt?

Das Kraftfeld, das dabei entsteht, betritt die Künstlerin von Zeit zu Zeit und aktiviert es in einer Danz’schen Zeremonie, die auf Stimme, Sprache, Kostüm und Körper zurückgreift. JS / NT

Der italienische Künstler Giulio Delvè geht von den Erfahrungen des Alltags aus und dekontextualisiert diese, um den Wahnsinn im menschlichen Verhalten offenzulegen. Häufig arbeitet er mit vertrauten Objekten und Werkzeugen, die—sobald sie aus ihrer gewohnten Umgebung entfernt werden—eine andere „Funktion“ annehmen und somit einen semantischen Kurzschluss provozieren. Delvè kreiert Assemblagen und Installationen aus vertrauten Materialien, die bereits eine narrative Funktion besitzen. Seine Arbeiten sind oft in Schichten strukturiert und reflektieren Themen und Formen, die dem performativen Prozess ihrer Herstellung innewohnen: So, als wäre der Akt der Herstellung nur ein Appendix, eine Erweiterung der intellektuellen Operation, während der Schaf- fungsprozess gegenüber dem Endresultat an Bedeutung überwiegt.

Im Rahmen von based in Berlin präsentiert Delvè die kinetische Installation Hotel Tritone, für die er vier Sonnenschirme eines Hotels der Insel Ischia benutzt. Einer der Schirme ist an einem Motor befestigt. Sobald sich dieser Schirm dreht, überträgt er Energie an die anderen Schirme und setzt damit eine psychedelische Wellenbewegung in Gang. Übersetzt aus dem Englischen

Simon Denny untersucht in seinen Arbeiten den Umgang mit Materialien in einem Zeitalter, in dem die technologisch bedingte Überproduktion und die Übermacht der Medien bereits als Normen aus vergangenen Zeiten betrachtet werden können. Für based in Berlin präsentiert Denny eine Weiterentwicklung einer Arbeit, die er in Aachen realisierte. Sie zeigt, wie ein deutsches Unternehmen dazu beiträgt, das Auftreten eines globalen Konzerns zu prägen. Der Künstler präsentiert eine skulpturale Installation, in der die Materialien im Raum wie drehbuchartig angeordnete Motive agieren. Die Präsentation rückt einen Aachener Galvanisierungs- betrieb in den Fokus, der die Fantasy-Kreuzfahrt- schiffe eines international führenden Unternehmens der amerikanischen Unterhaltungsindustrie mit Chromteilen ausstattet. Ein weiterer Teil der Ausstellung ist ein Produktvideo der Firma, begleitet von einem 3-D-Rundgang durch das gleichmäßig angelegte Firmengelände, das Denny mit der neuen Panasonic HDC-SDT750 gefilmt hat—vermutlich die erste 3-D-Amateurkamera der Welt. Auf diese Weise wendet er den neuesten technischen Schrei genau auf jenen Produktionspro- zess an, der diesen Relikten des Konsums ihren verführerischen Glanz verleiht. Übersetzt aus dem Englischen

Michele Di Mennas außergewöhnliche künstlerische Entwicklung offenbart einen Einblick in ihr fesselndes Gesamtwerk. Nach Kindheit und Jugend in Vancouver (British Columbia) widmete sie sich dem Tanz und trat regelmäßig auf Partys und in Klubs auf. Bevor sie sich endgültig entschied, Kunst zu studieren, arbeitete sie unter anderem auch als Tischlerin. Doch selbst nach ihrer Ausbildung an der Städelschule in Frankfurt am Main blieb Di Menna ihren autodidaktischen Anfängen treu. Ihre Performances und Skulpturen sind gleichzeitig vertraut und vollkommen fremdartig. Die Performances selbst sind—auch wenn man sie gesehen hat—praktisch nicht zu beschreiben. Sie sind in klassischer narrativer Form aufgebaut mit Einfüh- rung, Entwicklung, Höhepunkt und Abschluss. Doch irgendwie fühlt sich der Betrachter auf seltsame Weise beteiligt an etwas, was darüber hinausgeht—ein persönliches Universum, angefüllt mit eigenen Codes und Metaphern.

Im Rahmen von based in Berlin zeigt Di Menna ein neues, fortlaufendes Projekt, das sich über einen längeren Zeitraum in multiplen Performances entwickelt. Wie Schauspieler, die in den Kulissen auf ihren Auftritt warten, sind ihre faszinierenden, Totem-ähnlichen Skulpturen die eigentlichen Protagonisten in ihrem sich entfaltenden Drama.

Übersetzt aus dem Englischen

Aleksandra Domanovic ́ fokussiert in ihren Arbeiten tiefgreifende soziale wie mediale Veränderungen und deren Interdependenz: Der Titel 19:30 benennt den einstigen Ausstrahlungstermin der Fernsehnachrichten in den Ländern des ehemaligen Jugoslawiens. Domanovic ́ hat ein Archiv so genannter „idents“—audio-visueller Jingles—dieser Nachrichtensendungen zusammengetragen. Die Modifikationen dieser idents erzählen nicht nur die Geschichte der technischen Entwicklung und der ästhetischen Moden, sondern auch die des Bürgerkriegs. Die historischen Dokumente hat die Künstlerin von Techno-DJs zu Tracks samplen lassen. Vormals Nationalität stiftende Jingles werden kompiliert und so in ein Medium überführt, das junge Menschen grenzüberschreitend verbindet.

Für based in Berlin verdichtet Domanovic ́ diese Verknüpfung zu einem Partyevent, bei dem die Tracks live gemixt werden, während sie als VJ die idents mit dokumentarischem Material ihrer Recherche mixt. Über den gesamten Zeitraum der Ausstellung wird zudem eine Videopräsentation der Arbeit auf Monitor gezeigt, ergänzt durch Skulptu- ren aus gestapeltem, randlos bedrucktem Papier. Tausende von Blättern ergeben aufeinandergelegt Motive aus dem Video. Diese Skulpturen sind keine Unikate; eine davon kann jeder als PDF im Internet herunterladen—eine Einladung an die Internet-

Community. JS / NT

aleksandradomanovic.com

Anleitung:

1. Bitte PDF unter nineteenthirty.net herunterladen (5555 A4 pages, 140 Mb)

2. Druckeinstellungen auf "Randlos drucken" und "sortiert drucken" setzen

3. Jeweils 1500 Blatt unbedrucktes Papier unter und auf den bedruckten Stapel platzieren.

Simon Dybbroe Møllers Werke werden oft mit Begriffen aus der Literatur beschrieben und als kondensierte linguistische Miniaturen, als herme- tisch abgeschlossene Aphorismen oder auch als Kurzprosa mit einer eigenen, immanenten Logik bezeichnet. Møller arbeitet in einem divergenten Feld künstlerischer Medien, darunter Installation, Collage, Skulptur und Video. Jedes seiner ungleich- artigen Werke erscheint wie ein Musiker in einem komplexen Orchester, das von Møller dirigiert wird: Es ist eine laute Auseinandersetzung, die die Beziehungen zwischen Blick und Denken, Zufall und Inszenierung vermischt, spiegelt, umkehrt und umwirft.

In der Arbeit Melody Malady (2010) sitzt ein Mann an einem Flügel. Er liest ein Buch und klimpert ab und zu eine Note oder zwei, sobald er in seinem Buch auf einen Buchstaben stößt, der eine Note darstellt. Die Kleidung dieses Lesers und Musikers kennzeichnet seinen Charakter: Wir gewinnen den Eindruck eines Mannes, der in einem von seiner eigenen Kultur gelangweilten gesell- schaftlichen Kreis gefangen ist. Demgegenüber spielen in der Bilderserie The Catch (2011) sowohl der Titel (mit seiner doppelten Bedeutung) als auch der künstlerische Prozess—in dem ein Netz in dicke feuchte Farbe geworfen wird, um dann von der trocknenden Farbe „gefangen“ zu werden—mit sehr direkten didaktischen Andeutungen.

Übersetzt aus dem Englischen

Die Werke von Köken Ergun beschäftigen sich mit Fragen der kulturellen Identität anhand von Ritualen innerhalb der zeitgenössischen türkischen Gesellschaft, sowohl in der Heimat als auch ausserhalb der Türkei.

Seine Videoinstallation WEDDING ist das Ergebnis einer achtmonatigen Forschung, in deren Verlauf er über 40 Hochzeitszeremonien der türkischen Gemeinschaft in Berlin, einer der größten in Europa, dokumentierte. Sein Blick nimmt die Neuinszenierung von Traditionen in Hochzeitszeremonien auf und spiegelt, wie sehr diese dazu beiträgt, die eigene Kultur der Menschen aufrechtzuerhalten. Ebenso erfasst Erguns Blick analysierend und dekonstruierend die charakteristischen Signifikanzen der Akteure. Übersetzt aus dem Englischen

indexofworks.com

Evas Arche und der Feminist ist eine Ausstellungs- reihe, die 2005 von Pati Hertling und Peter Kisur in der damaligen Künstlerwohnung der Honey Suckle Company in den KunstWerken Berlin gegründet wurde, und seit 2007 von Pati Hertling und Marlous Borm in den Räumen von Gavin Brown’s Enterprise in New York weitergeführt wurde. Das Grundrezept für die Abende lautet: Ausstellung, Musik/Performance und Suppe. Auch in New York behielt Evas Arche und der Feminist zunächst ein Berliner Programm bei und zeigte lange Zeit vor allem Berliner Künstler und Expats. Nach einem Sommer bei The Taut and Tame, dem Projektraum von Galerie Micky Schubert und Lüttgenmeijer, in Berlins Tiergarten 2010 fand im April 2011 die letzte Veranstaltung von Evas Arche und der Feminist in New York statt. In Berlin wird Evas Arche und der Feminist von Peter Kisur weitergeführt. Übersetzt aus dem Englischen

Matthias Fritschs filmische Arbeiten kreisen um Fragen von Autorschaft und Eigentum, die im Zusammenhang mit offenen Distributionswegen im Internet eine neue Konjunktur erleben. Fritsch spürt Potenzial und Grenzen der damit verbundenen kulturellen Praktiken nach, indem er sich in sie hinein begibt. Folgerichtig nutzt der Künstler auch andere Plattformen und Kanäle für seine Arbeiten als den Kunstkontext.

In based in Berlin wird seine Arbeit We, Technoviking (2010) präsentiert. Dieser Clip bezieht sich auf sein Video Kneecam No. 1, auch bekannt als Technoviking, das ebenfalls als Ursprungsclip dieses Internet-Memes in der Ausstellung zu sehen ist. Letzteres zeigt einen aggressiven, muskulösen Tänzer auf der Fuckparade von 2000, der Gegenver- anstaltung zur Berliner Love Parade. Fritsch hat diese Aufnahme 2006 auf YouTube gestellt, wo das Video ein Jahr später im großen Stil entdeckt wurde: in Internetforen diskutiert, verlinkt, kopiert oder als Remix neu veröffentlicht, erzielte es insgesamt mehr als 30.000.000 Hits. Es kursieren mehrere hundert sogenannte Tribute Videos, in denen Fans die Szene nachspielen und die resultie- renden Clips ihrerseits auf YouTube stellen. Eine Auswahl dieser Filme eignete sich Fritsch wiederum an, um sie zu We, Technoviking zu montieren. Das Phänomen des netzbasierten „re-enactments“ wird somit um eine Drehung weitergeschraubt: die Re-Inszenierungen werden wieder als Kunstwerk valorisiert. JS / NT

subrealic.net

Kasia Fudakowskis entschieden skulpturales Verfahren bringt durch figurative und abstrakte Mittel eine organische und eine synthetische Sprache zusammen. Oft nehmen ihre Skulpturen den Raum wie Schauspieler ein, die charakteristische Merkmale von Menschen nachahmen. Dabei spüren sie einem sozialen und kulturellen Prozess des Erwerbs sowie des Entzugs von Wissen nach.

Fudakowskis neue Skulptur, die für den Monbijoupark entwickelt wurde, wendet sich dem zu, was sie als „die Tragödie der zwei Dimensionen“ bezeichnet. Ihre Stahlgebilde mit dem vorläufigen Titel It’s like déjà vu all over again ist nicht völlig figurativ, besitzt aber dennoch eine abgeflachte und leicht pixelierte organische Beschaffenheit. Das Werk faltet sich mithilfe von massiven, doch sexy wirkenden Scharniergelenken zögernd zusammen. Im Gegensatz dazu platzieren andere Teile des Werks ihr Gewicht und Vertrauen auf die Knoten aus Weidenruten, mit denen sie festgebunden sind—ein merkwürdig nicht-industrielles Material im Gegensatz zu so viel Metall. Als öffentliche Skulptur besetzt Fudakowskis Arbeit den Ort wie ein Ensemble von Schauspielern mit einer großen Bandbreite von möglichen Emotionen. Sie scheint eine ästhetische Melodie in Bezug auf den Betrach- ter und die Landschaft zu kreieren, die auf spielerischen formalen Lösungen beruht.

Übersetzt aus dem Englischen

Ausgangspunkte für die Arbeiten von Simon Fujiwara sind als Drehbuch geschriebene Schilde- rungen aus realen und fiktiven Archiven, die die Möglichkeiten der Manipulation von Geschichte und den Einfluss individuellen Erlebens auf das kollektive Gedächtnis hinterfragen.

Seine Installation Phallusies (An Arabian Mystery) (2010) erzählt, wie unter den Fundamenten eines neuen Museumsgebäudes irgendwo in der arabischen Wüste ein gigantischer Phallus aus Stein entdeckt wird. Weder existieren Aufzeichnungen über dessen Existenz, noch über sein Verschwinden. Manche sagen, er wurde zerstört, andere wollen gesehen haben, wie eine Kiste ohne Aufschrift mit unbekanntem Ziel abtransportiert wurde. Die Wahrheit liegt in den Händen von vier Briten, die Fujiwara damit beauftragt hat, den Phallus aus der Erinnerung nachzubauen, denn sie haben damals auf der Baustelle gearbeitet und waren Zeugen der Entdeckung. Doch sogar unter ihnen herrscht keine Einigkeit darüber, was sie eigentlich gesehen haben. Einer erinnert sich, auch Hoden gesehen zu haben, ein anderer bestätigt, es sei nur eine Säule gewesen. Einige sagen, er war drei Meter lang, andere, acht. Allerdings spielt hier nicht die Größe die vorrangige Rolle, sondern die Form—und wie in jeder eroti- schen Geschichte ist die Wahrheit am Ende schlüpfrig... Übersetzt aus dem Englischen

Die Verlagerung und der Standortwechsel von Monumenten sind zentraler Bestandteil von Cyprien Gaillards künstlerischer Arbeit. Diese wechselt zwischen Antikem und Modernem hin und her und erkundet dabei Konservierung, Rekonstruktion, und Zerstörung der urbanen Landschaft. Als Projekt mit dem Berliner Künstlerprogramm des DAAD und in Zusammenarbeit mit based in Berlin, wird eine monumentale Neonbarleuchte aus den 1950er Jahren auf das Dach am Haus der Statistik auf dem Alexanderplatz aufgestellt, die dort mit der umge- benden Werbung in Konkurrenz tritt. Neon Indian gleicht einer Version des bekannten Logos des US-amerikanischen Baseballteams Cleveland Indians– eine Comic-Karikatur eines Indianers. Gaillard benutzt häufig Logos, um wie hier auf die paradoxe Übernahme von Indianernamen und Maskottchen hinzuweisen, die scheinbar ungeachtet dessen, dass das Land seine einheimische Bevölkerung vernichtet hat, von Amerikanischen Sportclubs verwendet werden. Gaillard interessiert dabei, wie solche altertümlichen Symbole in Marketingstrategien und in der Massenkultur fortleben; wie etwas, das „unzeitgemäß“ ist, weiterexistiert. Gleichermaßen lässt der vor dem Abriss stehende Platten-bau den Wahnwitz von Stadtplanung in einem sich ständig ändernden Kontext erkennen. Von dem Dach blickt das versetzte „Gesicht von Cleveland“—als stiller Zeuge des Untergangs einer ehemals wohlhabenden Industriemetropole, die heute von den Wunden der Moderne gekenn- zeichnet ist—wissend auf die Skyline Berlins.

Übersetzt aus dem Englischen

Judith Albrecht, Ronja Beer, Tjorg Douglas Beer, Tobias Bernstrup, Marc Bijl, John Bock, Monica Bonvicini, Madeleine Boschan, Björn Dahlem, Erró, Anna-Catharina Gebbers / Christoph Schlingensief, Marianne Eigenheer, Harun Farocki, Rainer Ganahl, Andreas Golder, Thomas Helbig, Christian Jankowski, Dionisis Kavallieratos, Christoph Keller, John Kørner, Terence Koh, April Elisabeth Lamm, Annika Larsson, Sara Lunden, Isa Melsheimer, Klaus Mettig, Olaf Metzel, Raymond Pettibon, Daniel Pflumm, Martha Rosler, Thomas Scheibitz, Markus Selg, Katharina Sieverding, Orson Sieverding, Pola Sieverding, Andreas Slominski, Franz Stauffenberg, Alexandros Tzannis, Jannis Varelas, Costa Vece

Maike Cruse und Tjorg Douglas Beer initiierten 2007 in Berlin das Projekt Galerie im Regierungsviertel. Das Forgotten Bar Project ist eines der zahlreichen und vielgestaltigen Formen, die es angenommen hat. 2008 fand erstmals für die Dauer von zwei Monaten im Forgotten Bar Project, einem kleinen Raum in Berlin-Kreuzberg, jeden Abend eine Ausstellungseröffnung statt. Dieses Format reduziert die Ausstellung auf ihre Eröffnung und somit auf das soziale Ereignis der Zusammenkunft und des Feierns. Dabei sollte man das Forgotten Bar Project allerdings nicht als Trinkbude für die Kunstszene missverstehen. Der Austausch der Künstlerinnen und Künstler ist intensiv und beginnt beim Aufbau der Ausstellung. Spontaneität und Flexibilität, Synergie und Konfrontation sind hier Katalysatoren einer anderen Art der Kunstpräsentation. Nicht vereinzelte Subjekte, in Kontemplation vor vereinzelten Kunstobjekten verharrend, sollen hier produziert werden, sondern gemeinsame Aktivität von Involvierten.

Im Rahmen von based in Berlin präsentiert die Galerie im Regierungsviertel The Forgotten Years 2007–2011: ein Inventar von teils tatsächlich vergessenen und nie abgeholten, teils der Galerie geschenkten Arbeiten aus den Hunderten von Ausstellungen.

Tue Greenfort arbeitet innerhalb einer großen Bandbreite von künstlerischen Medien, darunter Skulptur, Installation, Video und Fotografie. Der sich ständig verändernde Charakter der Natur—in der Vergangenheit und der Gegenwart—fasziniert ihn ebenso wie die Auswirkungen menschlicher Interventionen auf die Natur. Er bezieht sich auf die Art und Weise, in der wir in den vergangenen 100 Jahren unsere Ressourcen verbraucht haben und die Folgen davon. Umwelt, Natur und Gesellschaft sind essentielle Bestandteile seiner Arbeit. Greenfort strebt danach, den Lebensraum des heutigen Menschen auf kritische Weise zu rekonstruieren.

Für based in Berlin arbeitet er an der Weiterent- wicklung eines Projektes, das er bereits 2007 für die European Kunsthalle in Köln erstellte. Basierend auf den architektonischen Ideen von Frei Otto entwickelte er eine mobile Zeltstruktur, die er mithilfe von großformatigen Werbepostern konstru- ierte. Seine Modelle machen sich das Design zu Eigen, das Otto für einen Tanzpavillon schuf, der in den 1950er-Jahren für den Einsatz auf Kunstmes- sen in Köln kreiert wurde. Im Rahmen von based in Berlin zeigt Greenfort neben den Originalmodellen seine neuen Entwürfe für den geplanten Pavillon im Monbijoupark, zusammen mit einem der Mega- Werbeplakate—gedacht als gebrauchsfertiges Objekt — , das den restriktiven Gebrauch des Posters als Informationsmaterial des werbenden Kunden in einer ironischen Bloßstellung der Marke und ihres Produkts beinhaltet. Übersetzt aus dem Englischen

tuegreenfort.net

„Die Hütte, in der er die Nacht verbrachte, war so klein, dass niemand, der kein Kind oder Zwerg war, sich darin ausgestreckt hinlegen konnte. Wir versuchten, uns auf Knien zu lieben, aber das war zu unbequem. Später versuchten wir es auf einem Stuhl im Sitzen. Schließlich haben wir einfach gelacht, ohne gefickt zu haben. Als die Sonne aufging, begleitete er mich zu meinem Zelt, und dann ging er weg. Ich fragte ihn, wo er wohnte. In Barcelona, sagte er. Wir müssen zusammen nach Barcelona fahren, sagte ich.“

Jenny, ich habe dieses Buch gelesen, dessen Autor für meine Schreibfantasie äußerst wichtig wird. Ich habe seine Lyrik in Berlin gelesen, und ich habe so gebrannt davon, dass das Leben meiner Gedanken und Gefühle immer noch von diesem Feuer angetrieben wird. Ich habe dieses Buch gelesen, während du mit Petrit gesprochen hast. Und da hab ich diesen Absatz gefunden, der in meinen Augen genau ins Herz dessen trifft, was wir hier mit Petrit machen. Einen Ort bauen, der zu Intimität und Sex und Erfüllung einzuladen scheint, aber auch die Unmöglichkeit davon. Deshalb glaube ich, wir haben es Ernst gemeint, als wir den Raum im Heu von einem Quadrat zu einer kleineren zeltartigen Größe verändert haben, wo sich tat- sächlich zwei Liebende aufhalten können. Wie dem auch sei, ich glaube, wir sind genau im Einklang mit dem, was wir machen. Mach’s gut, Sokol.

Übersetzt aus dem Englischen

Bei dem Künstler Jan Peter Hammer liegt der Schwerpunkt seiner Werke auf den narrativen Strukturen, die einen literarischen Kontext erschlie- ßen. Das Werk The Anarchist Banker (2010) bezieht sich auf die gleichnamige Kurzgeschichte, die der portugiesische Dichter Fernando Pessoa 1922 geschrieben hat.

Hammers Video inszeniert Pessoas Dialog zwischen einem Banker und seinem Sekretär als Interview eines Bankers mit einem TV-Moderator neu. Die Protagonisten spielen den ursprünglichen Inhalt des Dialogs, der so adaptiert wurde, dass er die finanziellen Praktiken des Neoliberalismus reflektiert und Licht auf die Finanzkrise wirft. In dem Film wird man durch die Genealogie des Neoliberalismus geführt, die angesiedelt ist zwischen den anarchistischen Schriften von Max Stirner und den freien ökonomischen Methoden Milton Friedmans. Die Logik des Bankers, mit der er den Kern seiner ökonomischen Philosophie enthüllt und seinen Opponenten entlarvt, stimmt mit Pessoas Original überein und zeigt sich als frappierend zeitgenössisch in ihrer Verteidigung von „rationalem Egoismus“ und unverfrorenem Individualismus. Übersetzt aus dem Englischen

jphammer.de

Alexander Hempel tritt als dilettantisch agierender Redner, Lehrer oder Moderator auf. Obwohl er in der Tradition des Slapsticks arbeitet ist er kein Comedian. Es gibt keine Pointen, und mag der Zuschauer seiner Performances auch bisweilen Lust verspüren, sich auf die Schenkel zu klopfen, hält die Hand doch meist in der Bewegung inne. Denn als Publikum sind wir auch immer Teil des Settings und Zeugen einer peinlichen Situation, die sich dehnt und in die Länge zieht, während Hempel beispielsweise als unvermögend Englisch sprechen- der Diplomand anhand einer plakativen Ölmalerei sein Leben und die Welt erklärt.

Hempel spielt mit den Erwartungshaltungen, die unterschiedliche Sprech- und Präsentationsfor- mate mit sich bringen. Zentrale Strategie hierbei ist der freie Sprechakt. Er kommt dabei gern vom Hundertsten ins Tausendste und lässt sich dabei nicht aus der Ruhe bringen. Die Aufzeichnung einer Performance nimmt Hempel zum Anlass und als Material für die nächste, zum Beispiel wenn wir den zähen Ausführungen zum Videoschnittpro- gramm, das er verwendet hat, folgen müssen. Er bleibt während dieses Tutoriums nüchtern stoisch. Auch diese Situation wird gefilmt und die Zuschauer einer „misslungenen“ Performance werden verewigt, im Bewusstsein, dass das Video zum Exponat der nächsten Ausstellung werden könnte. Hempel unterminiert den Performancebegriff in der Leistungsgesellschaft und weist anhand der Zuschauer Formen des Nichthandelns als Handeln aus. JS / NT

Der norwegische Künstler Yngve Holen zeigt im Rahmen von based in Berlin eine Serie von in Scheiben geschnittenen Geräten, die ursprünglich als Wasserbehälter konstruiert wurden und nun zerschnitten, ihre ursprüngliche Funktion durch ein neues Äußeres verlieren. Eher zerfleischt als seziert,

„halten“ diese Objekte nun kein Wasser mehr, sondern verändern sich in eine Sprache uneigennüt- ziger Ästhetik. Im industriellen Herstellungsprozess von wasserdichten Produkten kommen oft 3-D- Scanner zum Einsatz, um Fehlstellen und Risse in den Dichtungen von Objekten zu finden. In einer Umkehrung dieses Prozesses stellt der Künstler 3D-Drucke des eigentlich als Inhalt vorgesehenen, nun aber verschütteten Wassers her. Da die Scan-Software keine Flüssigkeiten scannen kann, wird auch dieser Prozess verändert, um aufzuzeigen, was mittels 3D-Technik nicht aufgezeigt werden kann: Drucke von Festkörpern, verschnittene Behältnisse, Objekte, zerteilt in eine „linke und eine rechte Hemisphäre“. Diese objekthaften Rätsel illustrieren die Fluidität von Materie in einer Zeit, in der 3D-Annäherungen unsere Vorstellung darüber täuschen und verschieben, welche Formen Materie annehmen kann. Übersetzt aus dem Englischen

David Hominal arbeitet nicht nur mit Malerei, sondern mit unterschiedlichen Medien wie Installa- tionen, Skulpturen, Videos oder auch Performances. Dadurch hinterfragt er die Möglichkeiten der zeitgenössischen Malerei. In seinem beinahe obsessiven Umgang mit diesen Genres kommt es zu einer wilden Assemblage verschiedener Themen aus der Kunstgeschichte, der Musik oder der uns umgebenden Alltagskultur.

Für die Ausstellung based in Berlin präsentiert er eine Serie gemalter 2-Centmünzen. Der Wert des Motivs wird dabei hinterfragt. Einerseits vergrößert der Künstler die Münze und verewigt sie durch die Malerei als Unikat. Andererseits geht er seriell vor und nennt keine limitierte Anzahl der entstehenden Bilder. Es geht aus dem Bild nicht mehr hervor, ob es sich um eine einzelne oder eine Serie von Münzen handelt. Denn die Münze und ihr Motiv sind seriell und austauschbar. Dennoch steht die Malerei für die originale Geste und das Unikat. Durch die Verstrickung von Wiederholun- gen löst sich das Motiv vom Bild ab und übrig bleibt der Gestus des Münzenmalens sowie der Duktus, der sich seinerseits in der generischen Wiederho- lung auflöst. FF

HUSH HUSH ist eines der vielen Alter-Egos des amerikanischen Künstlers Christopher Kline, der in den letzten fünf Jahren in der Berliner Untergrund- Szene unter verschiedenen Pseudonymen, zum Beispiel als Snakebraid, Night Music und in den Gruppe Wooden Veil und Gemeine Gesteine aufgetreten ist. Er vermischt Rhythm & Blues, Soul-, Dance- und Popmusik und beschreibt sich selbst als eine „Hitmaschine“ von eigenen Gnaden. Als Meister profaner Zeremonien, in denen er freizügige sexuelle Songtexte vorträgt, erzeugt HUSH HUSH wilde und fieberhafte Performances.

Nach seiner Tour mit Yeasayer durch Nord- amerika präsentiert HUSH HUSH eigens für based in Berlin und als eine Erweiterung seiner Single Ooze das Event Oozestravaganza, in dem Mirror Talk, DJs Your Body, M.E.S.H. und die Künstlerin Lindsay Lawson auftreten. Übersetzt aus dem Englischen

christopher-kline.com

Das Kollektiv Invisible Playground legt die un- sichtbaren Spiel-Plätze Berlins und anderer Städte frei: Die vorgefundenen Orte und Nicht-Orte werden seziert und Regeln aus Computerspielen für das jeweils spezifische Setting adaptiert und transformiert. Latenzen und Potentialitäten der urbanen Architekturen werden auf diese Weise zutage gefördert. Mit der Übersetzung der Games vom Virtuellen ins Reale geht auch eine neue Form der Community einher: In zumeist kleinen Gruppen interagieren Schauspieler, Zuschauer und Passanten miteinander und mit ihrer Umgebung. Wer sich darauf einlässt wird unweigerlich zum Mitspieler, obgleich sich niemand fürchten muss, ein Akteur zu werden: Es geht nicht darum, den Einzelnen zu exponieren, sondern im gemeinsamen Spiel eine neue Software auf die Plattform der Stadt aufzuspielen. Im Rahmen von based in Berlin realisiert Invisible Playground HOLD THE LINE: Ein auf dem Ateliergebäude installierter Suchscheinwerfer scannt nachts lautlos den Monbijoupark. Im Dunkeln müssen die Spieler von einem Kontroll- punkt zum anderen gelangen, um dort kryptische Passwörter mit ihren Radioempfängern abzuhören. Es gilt, dabei nicht vom Lichtkegel erfasst zu werden. Aber das Überwachungssystem ist ausgetüftelt, und die Chancen stehen schlecht... NT

Die Installationen, Objekte und Bildwerke von Nadia Kaabi-Linke sind orts- und zeitspezifisch innerhalb eines urbanen Umfelds. Ihre Werke stehen in einem historischen Kontext, indem sie einen Bezug herstellt zwischen ihrer eigenen Biografie, ihren Erinnerungen und den sozialen, politischen und geografischen Bedingungen. Sie kombiniert Gegensätze wie Schönheit und Gewalt oder Brutalität und Raffinesse. Für based in Berlin zeigt Kaabi-Linke These goddamned boys all stealing (Zossener 7) (2008). Sie benutzt die Technik der Frottage, um das Bild eines Penis zu reproduzieren, das sie an der Mauer eines leer stehenden Gebäudes in der Zossener Straße 7 in Berlin-Kreuzberg gefunden hat. Durch Recherche fand sie heraus, dass sich genau an diesem Ort während der Weimarer Republik eine Homosexuellen-Bar befunden hat. Kaabi-Linke zeigt diese Frottage-Zeichnung zusammen mit den Memoiren von Christopher Isherwood, Christoph and his kind (1977), in denen der Autor Ereignisse beschreibt, die genau in dieser Bar—bekannt als „Cosy Corner“—passierten und die zu Isherwoods Coming-out sowie einer neuen Sprache für seine eigene Sexualität führten. An diesem Ort, ebenso wie an anderen Orten, vermischt Kaabi-Linke das, was ihr im täglichen Leben begegnet, mit historischen und kontextuellen Elementen. Übersetzt aus dem Englischen

Ilja Karilampi arbeitet mit einer großen Bandbreite von Medien, darunter Laserprints, transparente Plastik, Nikotinkaugummis, Siebdruck, Sportaus- rüstung, MP3-Dateien, Flyer, gesellschaftliche Ereignisse und eine distanzierte Form der Perfor- mance, um unsere Wahrnehmungen in einen traumähnlichen Zustand zu versetzen. Essentiell für Karilampi sind des Weiteren Videos, deren Inhalt sich vornehmlich mit Musikproduzenten beschäftigt, mit dem Fokus auf Untergrundbewegungen und Rapmusik. Er vermischt gefundenes Filmmaterial, gesammelte Materie und visuelle Effekte in einem unkonventionellen Grafikdesign. Für based in Berlin stellt er The Chief Architect of Gangsta Rap vor (2009), einen Film, der sich um das Gerücht dreht, dass der amerikanische Rapper Dr. Dre eigentlich ein Architekturstudium begonnen hatte, bevor er sich der Hip-Hop-Band N.W.A. (Nigazz Wit Attitude) anschloss. Auf dem Video fantasiert Karilampi darüber, was passiert wäre, wenn Dr. Dre tatsächlich Architekt geworden wäre. Er vergleicht den neuen Rap-Stil von Dr. Dre mit dem Bauhaus — sowohl, was den musikalischen Stil, als auch die Texte der Songs angeht. Karilampis Installatio- nen und Bilder können als physische Spuren oder als Überbleibsel eines laufenden Prozesses gesehen werden, durch den sich ein ganzes Netz von personellen Referenzen weiter ausbreitet.

Übersetzt aus dem Englischen

Tobias Kaspars Werk L’Aquila, Firenze, Genova, Modena, Milano, Palermo, Pescara, Portofino, Pozzuoli, Roma, Trieste, Venezia besteht aus zwei Sets à sechs Tassen mit Untertellern. Nach Überlieferung des französischen Schriftstellers Stendhal sagte der Revolutionär Danton am Tag seiner Guillotinierung: „Man kann wohl sagen; Ich werde geköpft! Du wirst geköpft! Er wird geköpft! Wir werden geköpft! Aber man kann nicht sagen: Ich bin geköpft worden!“ Diese zwölf (möglichen) „Systemfehler“, die beim Deklinieren von „köpfen“ entstehen, sind auf den Tassen zu sehen. Die verschiedenen Modelle sind außerdem vom Hersteller der Tassen nach italienischen Städten benannt, in denen Stendhal einst gelebt hat. Die Arbeit wurde durch die freundliche Unterstüt- zung von nuova POINT Italien ermöglicht. SCW

Nina Könnemanns Videos Sommerleute und Kraft unseres Amtes (beide 2009) zeigen öffentliche Plätze in Berlin. In beiden richtet die Künstlerin ihren Blick auf öffentliche Mülleimer und die marginale Ökonomie, deren Umschlagplatz sie sind. Wir sehen, wie schlendernde Menschen leere Plastikflaschen wegwerfen, und kurz darauf Gestalten, die diese einsammeln; bisweilen kommt es zu direkten Übergaben. In diesem Kreislauf fungieren die Plastikflaschen als Markierung einer Differenz. Sie unterscheiden die Passanten in jene, die ihre Flaschen wegwerfen, und jene, die sie einsammeln. Wenn die Kamera einer Person folgt, entsteht ein Suspense-Effekt, eine kurze Phase der Spannung, welcher der beiden Kategorien die Person zugehören mag. Gelegentlich bleibt diese Frage unbeantwortet. Trotz des gemeinsamen Gegenstands besteht zwischen den beiden Videos ein grundsätzlicher Unterschied: Sommerleute ist eine freie Arbeit der Künstlerin; Kraft unseres Amtes ist ein Musikvideo, das Könnemann für die Band Söhne Mannheims realisiert hat—ein Produkt der Massenkultur. Aber so wie die Filme vorführen, dass die Differenz zwischen Flaschensammlern und -wegwerfern nicht 1:1 auf deren sozialen Status übertragbar ist, so deutet das Nebeneinander der beiden Videos—ohne die bestehende Differenz zu leugnen—in Richtung einer Kultur jenseits der Distinktion von „hoch“ und „populär“. JS / NT

Asaf Koriats Arbeiten wenden sich mit Begeisterung der Populärkultur zu. In based in Berlin zeigt er unter anderem The Brave (2006), ein Einkanal Split Screen-Video, das simultan neun Fernsehaufnahmen von Celebrities (Celine Dion, Justin Timberlake, Jessica Simpson, Whitney Houston, Mariah Carey, Beyoncé, Christina Aguilera, Mary J. Blige und Cher) zeigt, die jeweils zur Eröffnung des „Super Bowls“ die amerikanische Nationalhymne, den „Star-Spangled Banner“ singen. Jeder Performer hat den Anspruch, die Hymne auf eine ihm eigene Weise vorzutragen und damit seinen Rang gegenüber seinen Vorgängern zu behaupten. In der Gleichzeitigkeit des Videos verschmelzen alle Vorträge zu einem unheimlichen, disharmonischen Singsang. Die derart unstimmige Nationalhymne stellt gleichermaßen eine prägnante Kritik als auch eine Feier der Massenkultur dar: Die Sänger verkörpern die Komplexität des demokratischen Systems. Sie verbreiten gleichzeitig den Mythos einer kollektiven nationalen Identität sowie das unaufhörliche Beharren auf dem Gedanken der Individuali- tät—beides Pfeiler des „American Dream“. Die Präsentation des Videos auf einem großen Flat- screen Fernseher betont die Funktion von Medien- events als derjenigen Form, in der eine Nation überhaupt existiert und sich selbst als Einheit wahrnimmt. JS

Wojciech Kosma schreibt Anweisungen zu seinen inszenierten Performances. Diese Notationen, die er zu den Performances als eigenständige Werke ausstellt, bilden einen freien Handlungsleitfaden, den er seinen Darstellern an die Hand gibt. Die Texte aktivieren die ins Performative übersetzten Szenen, sowohl bei den Betrachtern als auch bei den Darstellern.

Kosmas interessiert das Konzept der Selbstbeobachtung, der reflexive Effekt, auf sich selbst zurückgeworfen zu sein, und die daraus resultierende Differenz des Darstellers zum Betrachter. Er arbeitet zumeist mit denselben Schauspielern oder mit Kindern: Erstere besitzen einen professionellen Umgang mit der Direktheit ihrer Präsentation während die Kinder uns mit ihrer tatsächliche Unmittelbarkeit konfrontieren. Aus Kosmas Anweisungen können während der Performance intime Situationen entstehen, die sich verselbstständigen und das Publikum ausschließen oder in voyeuristische Situationen bringen, während sie die Performer autonomer machen. Oft übertritt Kosma Grenzen und schafft damit aggressive Situationen, die beim Betrachter Gefühle wie Scham oder Abscheu erzeugen, mit denen er allein gelassen wird. Eine Auflösung der Situation bietet Kosma nicht an, sondern versetzt sowohl Performer als auch Publikum in verschiedene Formen der Selbstbeobachtung und Reflexion. FF

wojciechkosma.com

Der Kurator Veit Loers beschreibt die Künstlerin und ihr Werk wie folgt: „Kitty Kraus platziert abstrakte Symbole im Raum, chiffrierte Botschaften, hergestellt aus Glas, Metall, Tuch oder gefunden Objekten, die albtraumhaft den Bereich des menschlichen Zustands in der Welt überschreiten bzw. ihn umschreiben.” Die Arbeiten sind schön—häufig monochrom, von blendendem Glanz, oder sogar fast unsichtbar. Es mag berechtigt sein, zu sagen, dass Kraus in ihren Werken eine sich selbst kritisierende, fast masochistische Obsession in Bezug auf Formalismus hat. Und doch sind ihre Werke weit gefährlicher, als sie zu Anfang erschei- nen. Ohne direkt bedrohlich zu wirken (tatsächlich sind sie oft ziemlich spielerisch), kann das Werk von Kraus doch auf vielen Ebenen wahrgenommen und sogar genossen werden. Aber lassen Sie sich nicht zum Narren halten—denn um ihre Werke völlig (wenn überhaupt) zu verstehen, ist es unerlässlich, zu erkennen, dass Kitty Kraus frech und ihr Werk zerstörerisch, unerwartet und frisch ist. Übersetzt aus dem Englischen

(Zitat aus: Künstlerbuch Kitty Kraus, erschienen anlässlich der Preisträger-Ausstellung blauorange, 2008)

Der österreichische Künstler Oliver Laric arbeitet am produktiven Potenzial der Kopie im Vergleich zur Idee eines Unikats oder Originals. In zahlreichen unterschiedlichen Versionen entstehen Werke, die sich im stetigen Wandel befinden. Für die Ausstellung based in Berlin installiert er Geländewa- gen der Firma Shuanghuan im Monbijoupark. Diese chinesischen Autos des Modells „CEO“ ähneln unter anderem einem Geländewagen einer Deut- schen Automarke, dem BMW X5, was im Jahr 2008 zu Rechtsstreitigkeiten und einem Importverbot geführt hat. Ein Zeitungsartikel über einige dieser Modelle, die im Hafen von Rotterdam im selben Jahr konfisziert wurden und dort verrotten, machte Laric darauf aufmerksam. Sein Versuch, diese Autos für den Ausstellungszweck auszuleihen, wurde auf dem Rechtsweg verhindert. Allerdings fand der Künstler ein Autohaus, das einige der Fahrzeuge besitzt, die noch vor dem Urteil angemel- det wurden und damit dem Bestandsschutz unterliegen. Das Autohaus erklärte sich bereit, einige Wagen für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen. FF

oliverlaric.com

Alexandra Leykauf hat in den letzten Jahren mit Methoden der Manipulation, Täuschung und Undefinierbarkeit gearbeitet. Ihr Ausgangspunkt sind gefundene Fotografien, die sie häufig für Collagen verwendet, um entweder die Anordnung dessen, was auf dem Foto dargestellt ist, zu ändern, oder um die Bilder selbst zu dekontextualisieren. Indem das, was schon abgebildet war, erneut gezeigt wird, enthüllt ihre Arbeit die Tatsache, dass jedes Bild viele Perspektiven und Lesarten eröffnen kann. Das Thema einer Theaterszene bietet sich an, um über Realität und Bühne zu reflektieren, über Innen und Außen. Es legt sowohl dem Betrachter als auch dem zu Betrachteten nahe, dass auch das Auditorium als Kulisse für eine Film- oder Fotoaufnahme dienen kann, und schafft somit ein Bewusstsein für die Vielfalt von Ebenen der Sichtbarkeit.

Leykaufs Reliefs basieren auf Architekturbil- dern — wie es in den Titeln ihrer Werke angedeutet wird—und verwenden die architektonischen Komponenten, auf die verwiesen wird, auf viel- fältige Weise. Indem die Originalperspektive geändert wird und neue Dimensionen und Maßstäbe entstehen, werden theatralische Räume geschaffen. Die Perspektive ist nicht länger das Ergebnis des Standpunkts eines Betrachters, sondern sie wird zu einem bewusst zugewiesenen Zugang zu dem Objekt.

Übersetzt aus dem Englischen

Auf der zweiten Seite ihres Katalogs mit dem Titel Klara, der anlässlich der Ausstellung Non-solo show, Non-group show (2009/2010) in der Kunsthalle Zürich herausgegeben wurde, schreibt Klara Lidén: „Ein Teil von mir ist dieser arme Architekt, der es mit dem Problem von in der Stadt bestehenden Strukturen zu tun hat, ein anderer Teil ist der Amateur-Tänzer oder Performer, der eine Vorstel- lung davon hat, Rhythmus an die Aktivität von Gebäuden zurückzugeben, oder davon, die verbaute Umgebung wieder zur Verfügung zu stellen.“ Lidéns Werk existiert durch Teilhabe und durch Protest. Es ist immer urban, doch entschieden unsentimental. Lidéns Arbeiten enthüllen sich oft langsam, doch wenn sie es tun, dann schlagen sie ein.

Bei based in Berlin, zeigt Lidén einen Remix aus Arbeiten Ihrer letzten Ausstellung für den Kunst- preis blauorange (2010), Rumpfflächen und Plünderbanden.

Übersetzt aus dem Englischen

Lipkins Werk beschäftigt sich mit Fragen der Arbeit, Valorisierung und Wertabschöpfung, oftmals am Beispiel künstlerischer Produktion. Die verschiedenen Bestandteile seiner Installation haben jeweils einen uneindeutigen Status in Bezug auf den traditionellen Kunstbegriff; sie sind zudem allesamt appropriiert oder in Auftrag gegeben. Ein riesiges Regal von Möbel Horzon, einer Berliner Firma— häufig als Kunstprojekt bezeichnet, entgegen heftigen Dementis von Herrn Horzon selbst — fungiert als Skulptur. Die dieses Werk umgebenden Wände tragen gerahmte Fotografien, die aussehen wie Outtakes eines kommerziellen Fotoshootings. Dargstellt sind junge Männer, offensichtlich Assistenten, die man eher mit dem Produktionsbereich dieses Genres assoziiert als mit dessen Inhalt. In Öl auf eine große Leinwand übertragen, findet sich ein Brief, der auf einer Passage von Robert Walsers Jakob von Gunten (1909) basiert. Das Bild wurde bei dem Plakatmaler und Künstler Götz Valien in Auftrag gegeben, der jüngst große Aufmerksamkeit auf sich zog, als bekannt wurde, dass er für Matin Kippenberger dessen Gemälde Paris Bar (1992) hergestellt hat.

Lipkins Werk bezieht sich auf zahlreiche historische Vorläufer – allen voran das Readymade, das die Struktur des künstlerischen Akts demonst- riert: dieser besteht allein in Selektion und Autorisierung und ist von der Herstellung seines Gegenstandes unabhängig. Indem er sich das Werk von anderen aneignet, lenkt Lipkin unsere Aufmerksamkeit auf die Kreisläufe von Arbeit, finanziellem und kulturellem Kapital, sowie auf die institutionellen Strukturen, durch die ein Objekt als Kunst ausgewiesen wird. Übersetzt aus dem Englischen

In den Zeichnungen und minimalistischen Objekten von Trevor Lloyd geht es um die Idee der künstlerischen Geste und den Versuch, ihre Positionen zwischen Momenten von künstlerischem Idealismus und menschlicher Verzweiflung zu bestimmen. In ironischen Prozessen und mit trockenem Humor stellt er die Natur sowie Begriffsbestimmung und Begrenzungen künstlerischen Schaffens infrage. Aus dem Quellenmaterial, das sich auf Familie, Haustiere, Kindheitserinnerungen und Routinearbeiten im Haushalt bezieht, wählt er gezielt bildliche Darstellungen, Materialien und Handlungsstränge aus, in denen er eine Spannung zwischen poetischen und profanen Interpretationen wahrnimmt.

Der Ausgangspunkt für das Werk mit dem Titel Mom war die Tatsache, dass er nach seinem Umzug von Kalifornien nach Berlin kein Bild seiner Mutter besaß. Seine Reaktion darauf war nicht, sich ein physisches Abbild seiner Mutter ins Gedächtnis zu rufen, sondern stattdessen diese Leerstelle mit einer intimeren, vielleicht metaphysischen Repräsentation zu füllen. Durch eine fortlaufende Reihe von Zeichnungen, in denen der Künstler seine Mutter aus dem Gedächtnis zeichnet während er mit geschlossenem Augen auf dem Kopf steht, versucht er diese Vorstellung wiederholt umzusetzen. In dieser absurden Position glaubt sich Lloyd frei von den Verantwortlichkeiten gegenüber der physischen Repräsentation, sodass er den Impuls der künstleri- schen Geste allein auf das wahre Wesen seiner Mutter beziehen kann. Übersetzt aus dem Englischen

trevorlloyd.net

Maria Lobodas Arbeiten stellen eine Verbindung zu Literatur, Musik, Kunst, Mystik und Brauchtum her. Sie übersetzt antike Sprachen mit geheimen Codes und verknüpft sie mit Alltagselementen aus der Innenarchitektur. Jedes Objekt stellt das Ergebnis eines kulturellen Prozesses oder eines ästhetischen Konzeptes dar, erfüllt von Symbolik und Poesie.

In ihren neuesten Werken erforscht Loboda die Strukturen und Möglichkeiten der Entzifferung von Geheimcodes und Geheimschriften. Das Werk mit dem Titel That’s How Every Empire Falls besteht aus einem aufwändig gedeckten Esstisch für sechs Personen. Wir sehen das Porzellan, das Tafelsilber, die Blumen und 118 schöne Servietten, die in metallene Serviettenringe, in zwei Farbnuancen, gerollt sind. Jedoch ist nichts, wie es scheint. Der Tisch ist Schauplatz für eine geheime Botschaft, die in der sinnlos hohen Anzahl von Servietten verborgen liegt. Die Servietten stellen in diesem Fall eine codierte Nachricht dar, genannt „Baconian Cipher“. Mit diesem Code kann alles jegliche Bedeutung annehmen. Die in zwei Farbtönen gehaltenen Serviettenringe enthalten das Geheimnis, und wenn es gelöst ist, liest es sich als unheilvolle Geschichte in Form einer unbeantworteten Frage stellt von der Titel: Wie? Übersetzt aus dem Englischen

First impressions are everything, and the visual identity of based in Berlin had to be designed accordingly. Florian Ludwig (florianludwig.com), a German graphic designer and brand consultant, and Owen Hoskins (owenhoskins.com), an American expat designer and programer, were chosen to spin the strands of sluiced identity-ore and weave them into the final face of based in Berlin, in all its digital and printed forms. A once ramshackle closet at Podewill became the glimmering hull of a submarine on a mission to the heart of the project, and they became frenzied mariners, battling the glittering schools of toothy inDesign files and surfacing only for momentary glimpses of the brilliant sun, cresting porpoises, and to chase sirens' calls. Lashed to the mast, they're making their way back to their newly founded design studio in Mitte, the centre of a city where things like based in Berlin are possible. (Maxwell Simmer)

Die Künstlerin Dafna Maimon arbeitet hauptsächlich mit dem Medium Video. Ihr Interesse liegt dabei auf der Konstruktion von Situationen, die über die Oberfläche des Bildschirms hinausgehen und die Betrachter unmittelbar involvieren. In der Viodeoinstallation The Unbearable Presence of Roots (2010) platziert sie in der Mitte des Raumes die große, abstrakt und grotesk wirkende Skulptur einer Möhre. Die Schauspieler in den darüber installierten Filmprojektionen befinden sich zu Beginn in ihrer eigenen abgeschlossenen Welt des Films. Erst nach und nach scheinen sie die Skulptur in der Mitte des Ausstellungsraums zu bemerken. Sie lösen sich von der Handlung und schauen aus der Filmwelt direkt in die Welt der Ausstellung mit ihren Besuchern. Dadurch wird der Betrachter unmittelbar in die Handlung involviert: die Grenzen des Films werden brüchig und verschieben sich in den Ausstellungsraum. Für based in Berlin präsentiert Maimon auf einer Großleinwand im Monbijoupark einen neuen Film, in dem die Betrachter und ihr Umfeld durch Provokation von Scham und Mitgefühl in die vorgeführte Handlung involviert werden. FF

dafnamaimon.com

Das Werk von Gareth Moore ist zwischen Performance, Dokumentation, Installation und Skulptur angesiedelt. Häufig verbindet es sich mit Lebensbe- reichen, die wir nicht von vornherein mit zeitgenössischer Kunst in Verbindung bringen. Moore ist ein Reisender und Forscher, ein Pädagoge und Archäologe, ein Bastler und ein Lehrling in sich stetig ändernden Berufen. Seine Projekte entwickeln sich in der Regel durch einen sorgfältig choreografierten Prozess von Einbringung: er bringt sich selbst in eine Situation ein und nutzt dabei die Werkzeuge und Materialien, die er in dieser entdeckt, um seine oft subtilen, skulpturalen Interventionen zu entwickeln. Das ein Jahr lang andauernde Projekt Uncertain Pilgrimage zum Beispiel, nutzte Materialien, die er auf seinen Reisen sammelte, um neue Objekte für seine zukünftigen Reisen zu kreieren und damit eine für immer andauernde Geschichte zu schaffen. Gebildet aus seinen Begegnungen und den von ihm gesammelten Anekdoten transfor- miert er diese dann in eine Art Entwicklungsge- schichte von Entdeckung und Einfallsreichtum.

Übersetzt aus dem Englischen

Shahryar Nashat bezieht sich in seinen Skulpturen, Fotografien und Filmen oft auf die Repräsentation von Körpern in der Kunstgeschichte sowie auf die Konventionen von Kunstvermittlung und -präsentation. Er findet großen Gefallen an Details, und seine Werke—mit ihren fast obsessiven Methoden des Rahmens und Beschneidens—ziehen den Betrachter in eine Welt der verborgenen Formen, kunstvollen Gesten und stilisierten Posen hinein.

Torso, Fruit und Mud (1996 — 2011) sind drei Super-8-Kurzfilme, die vor 15 Jahren aufgenommen wurden—Nashats erste Abstecher in das Medium des Films. Als Videos digitalisiert werden sie nun auf an der Wand montierten Monitoren gezeigt. In jedem der Filme geht es um den voyeuristischen Blick eines jungen Mannes. Die flache bis leicht nervöse Voice-over-Stimme erzählt die Geschichte von unerwidertem Begehren während der Entste- hungszeit der Filme. Diese Werke werden zusammen mit fotografischen Reproduktionen von Nashats kürzlich entstandenen Skulpturen gezeigt: sorgfältig hergestellte und abstrahierte Reflexionen über die Form des Sockels. Die sich daraus ergebende Konfrontation zwischen den akkurat abgemessenen, zugeschnittenen und inszenierten Fotografien und seinen offensichtlich fragilen Filmen wirkt wie ein Chor von Subjektivitäten und demonstriert die Brillanz von Nashats präziser Vision.

Übersetzt aus dem Englischen

Anne Neukamps Arbeiten entstehen im Prozess einer Vielzahl von Schichtungen: Abstrakte Flächen überdecken gegenständliche Abbildungen von Stickern, Postkarten, Logos und Piktogrammen in Anlehnung an Comics oder feine Farbverläufe legen sich über einen groben Duktus vergangener Malspuren. Die Bilder werden aufgeladen, um in ihrer Darstellung gleichzeitig wieder entleert zu werden. Dabei sind es oft die Kontraste, die Neukamp interessieren. Das Piktogramm charakterisiert sich über den Versuch, in möglichst wenigen, klaren Linien über einer Kontur ein gegenständliches Bild zu werden, das durch seine Reduktion zum Symbol wird. Dieses Symbol wird auf weiteren Malebenen in seiner Benennbarkeit attackiert und scheitert auf halbem Weg bei dem Versuch, das Bildhafte auszulöschen. Es kommt zu einer Gleichzeitigkeit von Fläche und Figur, von Hinter- und Vordergrund und damit auch von Zeitpunkt und Prozess. Die Bilder sind von einem provisorischen Zustand geprägt und nur durch die Entscheidung der Künstlerin selbst kann geklärt werden, wann sie ihre endgültige Form gefunden haben. Es entsteht der Eindruck, dass sich das Werk in einer unbe- stimmbaren Gleichzeitigkeit zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit befindet. FF

aneukamp.com

„Okiishi lebt seit 2001 in New York und Berlin. (Good bye to) Manhatten verbindet Materialien, die aus dieser Zeit stammen (gefilmt zwischen 2006 und 2009), in einer 72-minütigen, semi-autobiografischen Umsetzung von Woody Allens Filmklassiker Manhattan. Okiishis Figurenwahl ist reduziert auf drei weibliche Protagonisten. Diese werden durch Schlüsselfiguren in der aktuellen Kunstszene New York / Berlin dargestellt. Das Drehbuch entspricht der englischen Google-Übersetzung der deutschen Version von Allens Original. Die sich daraus ergebende semantische Schichtung spiegelt sich in der manchmal instabilen, leicht verrückten Filmbearbeitung wider. Dennoch—wenn hier irgendetwas neurotisch ist, dann liegt das nur an der intuitiven, historisierten Konzentration auf das Deutschtum. Okiishis Arbeit frönt dem hysterischen Potenzial dieser transatlantischen Transaktion; deren Technicolor-Farben ein Schwarzweiß-Klischee ins Schwanken bringen. Man sieht ein clowneskes Einkaufs- und Essenserlebnis im Westberliner Kauf- haus KaDeWe. Währenddessen dümpelt Manhattan unter einem Soundtrack von leicht verzögerten Gershwin-Melodien dahin, deren metallische Aufnahmequalität vermuten lässt, dass sie im Rumpf einer nach Berlin fliegenden Boeing 757 aufgenommen wurden.“ Übersetzt aus dem Englischen

Christodolous Panayotou’s works are structured in thematic circles which often function in chapters open to rearrangements. Part of his visual language becomes a manifestation that renegotiates the historical and political narrative, concentrating on the undefined desires and projections of identity dealing with it’s existential quest. His interest to both the individual as well as the collective. Means of “traditions” and rituals are as important as romantic myths and personal subliminal desires. The work Never Land is composed of images selected from the archive of the national newspaper, Phileleftheros. The photographs record a period of significant political changes as Cyprus moved towards becoming a member of the European Union.

The work Guysgocrazy which consists of two parts, was produced in cooperation with the Pornographic Film Production Company in Prague. One part shows the studio before the event, clean and tidy with a sparkling floor. The other part shows the same space after the shoot with traces of the event left behind. MM / the artist

In den rasant geschnittenen Videos von Amy Patton finden sich die verschiedensten Konventionen des filmischen Erzählens, des erzählenden Voice-over, der aufregenden Schnittfolge und der Charakterdarstellungen. In ihren Arbeiten untersucht sie, wie wir Objekten, Bildern und Texten mit dem unvollkommenen Verständnis und der Irrationalität unseres Denkens einen Sinn zuweisen. Von Anfang an waren das Interesse an der Sprache und die mündliche Überlieferung maßgebliche Charakteristika ihres Werkes.

The Mirror of the Simple Souls Who Are Annihilated and Remain Only in Will and Desire of Love ist der Titel einer Vision und eines Manuskripts der französischen christlichen Mystikerin, Anarchistin und Begine Marguerite Porete aus dem frühen 14. Jahrhundert. Der zusätzlich durch die Schriften Georges Batailles inspirierte Film zeigt eine Gruppe von Laiendarstellern, Freunden und Tänzern, die einen Theaterraum in Besitz nimmt und sich dem Zustand der Ekstase hingibt.

Pattons Arbeit widmet sich dem Wirken der göttlichen Liebe und der Vernichtung des Selbst auf seinem Weg zur rechtmäßigen Ekstase. Der Film erfordert einen aktiven Betrachter, da sich die gezeigten Ereignisse in ihrer ganzen Ambiguität entfalten. Klänge und Geräusche überlagern einander und dringen oft aus verschiedenen Lautsprechern. Der Zuschauer muss sich entscheiden, was er hören will. Übersetzt aus dem Englischen

Die Arbeiten von Dirk Peuker sind sehr persönliche Annäherungen an ein Porträt. Es geht dabei nicht nur um Sehnsüchte, zerbrochene Träume, gescheiterte Beziehungen oder Erinnerungen aus der Vergangenheit, sondern auch um subjektive Empfindungen und assoziative Momente.

Seine experimentelle Filmarbeit Flat Roofs For Mussolini (2011), in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Bettina Nürnberg realisiert, spricht über den Italienischen Rationalismus am Comer See und die Architektur von Giuseppe Terragni. Terragni, ein wichtiger Wegbereiter des Razionalismo, versuchte, dem faschistischen Regime seine Architektur als offiziellen Stil anzudienen. In einer nur 13 Jahre währenden Schaffenszeit schuf er ein an Konsequenz und Dichte einzigartiges Werk. Seine der Moderne verpflichteten Bauten zeichnen sich durch eine Reduktion auf elementare geometrische Grundformen aus. Heute sind seine Gebäude einerseits wichtiger Bezugspunkt für Architekten wie Peter Eisenman, andererseits werden sie verklärt und in ihrer politischen Dimension verharmlost. Übersetzt aus dem Englischen

Ralf Pflugfelder erkundet die räumliche Ästhetik und ihre narrativen Stränge. Seine Themen entwickelt er sequentiell im Verlauf einiger Ausstellungen. Er überschreitet dabei die Grenzen zwischen verschiedenen Medien wie Zeichnung, Malerei, Skulptur, Video und Klang. Seine Installationen—die häufig „ohne Maßstab sind“—eröffnen den potentiellen Austausch zwischen Skulptur, physischer Intervention und Audiodesign als narrativer Instrumente der Kunst. Anlässlich der Ausstellung 1’003 bei Program e.V. in Berlin, präsentierte er 2010 einen Teil einer längeren Fiktion, die er bereits für die Ausstellung Dubai Düsseldorf mit Markus Miessen im Kunstverein der Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf (2009) entwickelt hatte. Dieses Werk manifestiert sich durch eine singuläre räumliche Erfahrung: „Indem das Visuelle vom Auratischen unterlaufen wird, strahlt die Installation ein Echo aus, um den Maßstab als eines der für die Architektur wichtigsten Elemente zu exponieren. Das Raum-Zeit- Gefüge wird verzerrt, es kollabiert und wird weiter ausgedehnt—zwischen der höhlenartigen Kathedra- le einer gotischen Vergangenheit und der zeitgenös- sischen Kunstgalerie unserer neuen Religion. Der einzelne Besucher wird gleichzeitig des- und re-orientiert, sowohl räumlich als auch ideologisch im Hinblick auf den ästhetischen Wert eines Kunstwerks.“ (Tina DiCarlo, 2010) Für based in Berlin entwickelt Pflugfelder direkt vor Ort eine architektonische Intervention.

Übersetzt aus dem Englischen

Aurélia Defrance, Julie Grosche mit Beiträgen von: Aude Pariset, Maxwell Simmer, Clémence Seilles und Raoul Zöllner, Anne de Vries. Die PMgalerie wurde 2009 von Aurélia Defrance und Julie Grosche als nicht-kommerzieller Projektraum in Berlin-Neukölln gegründet. Die beiden Betreiberinnen sind von Hause aus Künstlerinnen. Daher mag ihr verstärktes Interesse rühren, kuratorische und künstlerische Arbeit als intensiven Austausch zu gestalten, an dessen Ende ein gemeinsames Werk, die Ausstellung, steht. Defrance und Grosche präsentieren junge internationale wie Berliner Künstler, die am Anfang ihrer Karriere stehen – mit einem Schwerpunkt auf skulpturalen und installativen Positionen.

Den Ausgangspunkt der Arbeiten von Agnieszka Polska bildet oftmals Bildmaterial aus Wissenschafts- und Kunstmagazinen der 1960er- und 1970er-Jahre. Durch Manipulation und Reproduktion historisch bedeutsamer Auszüge weist Polska in ihren animierten Videos auf die Möglichkeiten der Neuinterpretation von wichtigen, historischen Ereignissen hin und stellt die Autorität der Fotografie als Dokumentationsmedium infrage.

Gardener’s Responsibility besteht aus dem Video The Garden sowie einer Serie von Fotocollagen mit dem Titel Arton, die sich mit der Problematik von Abwesenheit als bewusster Geste der Selbstausgrenzung beschäftigen. Diese Arbeit bezieht sich lose auf den polnischen Künstler Paweł Freisler, der in den späten 1970er-Jahren sein Künstlerdasein aufgab, nach Schweden umsiedelte und dort einen Garten anlegte. Bekannt wurde er vor allem für seine

„Kunst des Geschichtenerzählens“ in der er über seine Performances und Objekte sprach. Das Video zeigt einen hypothetischen Besuch—die scheinbar einzige Möglichkeit, seinen Mythos zu konservieren. Die Artons beziehen sich hingegen auf einen anderen polnischen Künstler, der in den 1960er-Jah- ren aktiv war: Włodzimierz Borowski. Er schuf die sogenannten Artony, kleine organische Objekte.

Gardener‘s Responsibility ist ein Versuch, die Mechanismen aufzuzeigen, mithilfe derer Erinnerung an Vergangenheit funktioniert und Geschichte als Collage von Gedanken und Begebenheiten erschaffen wird, die in keiner Weise nachprüfbar sind. Übersetzt aus dem Englischen

agnieszkapolska.com

Roseline Rannoch hat ein feines Gespür für Räume, Materialien, Aggregatzustände und die ihnen zugeordneten Sinnzuschreibungen. Ihre Skulpturen arbeiten sich an eingeschliffenen Konstellationen ab, indem sie diese umsortieren.

In ihrer Arbeit für based in Berlin steht die Raum- und Blickordnung zur Disposition. Gegen- über Ausstellungsraum und verwendeten Materiali- en legt Rannoch einen herrschaftlichen Gestus und regelrechte Respektlosigkeit an den Tag, wenn sie das Vorgefundene verändert—ein vorhandener Zugang wird verschlossen, an anderer Stelle wiederum eine Barriere aufgehoben. Zugleich zeigt sie Sensibilität und Respekt gegenüber Ausstellungsraum und Material, wenn sie bestehende Strukturen akzentuiert und überformt, Blickachsen nachzeichnet und mit Laser visualisiert. Zwischen Drinnen und Draußen, Schwerem und Leichtem, Gebogenem und Planem, Opakem und Transparentem, Bearbeitetem und Naturbelassenem ergeben sich vielschich- tige Korrespondenzen. Rannoch hat einige räumliche Strukturen markiert und verstärkt, andere sanft oder brutal verschoben. Unser implizites Körperwissen gerät dadurch ins Wanken. Welche Handlungsanweisungen und Kanalisierungen zeigt uns diese buchstäbliche Raumskulptur auf ? Welche Möglichkeiten hält sie bereit—und welche Einschränkungen? JS / NT

Die Werke von Mandla Reuter entwickeln sich häufig aus dem Versuch heraus, die Prägung bestimmter Orten von vorgegeben Beschränkungen und Verhältnissen zu befreien. Reuters konzeptionelle Kunst existiert dort, wo physische und diskursive „Orte“ aufeinanderprallen—zerstörerisch und assimilierend zugleich—durch einfache manipulative Gesten. Oft verändern seine architek- tonischen Interventionen die Struktur eines Gebäudes derart, dass sie einen Durchlass entweder erst ermöglichen oder sogar verhindern.

Für based in Berlin beginnt Reuters Arbeit Nothing to See Nothing to Hide damit, das Auststellungsgebäude im Monbijoupark zu demontieren, dessen Abriss schon kurz nach der Ausstellung geplant ist. Möglicherweise inspiriert von den Vorlieben Gordon Matta-Clarks, und eindeutig flirtend mit der Dialektik von „öffentlich versus privat“ oder „innen versus außen“, scheint es so, als suche Reuters Werk auf einigen Ebenen nach einem „demokratischen“ Modell von Kommunikation, das auf einer unbeabsichtigten Teilnahme basiert: „Wir verlieren das Haus nicht, sondern erhalten mehr Park.” Die vorzeitige Entfernung (und nachfolgende neue Präsentation) einer Gebäudefas- sade während der Installation einer Ausstellung auf der anderen Seite der Tür verweist allerdings auf etwas wesentlich Finstereres. Übersetzt aus dem Englischen

Yorgos Sapountzis interessiert sich für Skulpturen, vor allem für die im öffentlichen Raum. In seinen Performances sucht er mit den Bewohnern der Städte die in Stein geronnenen oder Bronze gegossenen Körper auf. Diese Begegnungen von Fleisch und Stein, von Bewegung und Stasis oszillieren zwischen feierlichen Aufzügen und subversiven Demonstrationen. Und auch Sapountzis’ skulpturale Installationen halten die Spannung zwischen Anarchie und Auseinadersetzung mit der Tradition. Für based in Berlin hat Sapoutnzis Die Arbeiter und die Badenden entwickelt, eine Arbeit, die sich auf zwei in Berlin stark verbreitete Typen von öffentlichen Skulpturen bezieht. Leichte und bewegliche Materialien werden zur fragilen und vergänglichen Skulptur konstelliert: bunte Stoffbahnen, Turnbänder und dünne Alustangen. Dazwi- schen eine auf Video gebannte Performance.

Diese Anordnung drängt in den Raum, okkupiert ihn, wuchert chaotisch und durchstößt die Decke, um im darüberliegenden Raum ein geordneteres Bild aus fragmentarischen Gipsabdrücken von Berliner Skulpturen zu schaffen.

Sapountzis Arbeiten funktionieren wie Parasiten. Sie beziehen ihre Energie aus bestehenden Skulpturen, zerlegen und ordnen neu, ohne dabei ein geschlossenes Werk zu werden. Seine Installationen führen keinen hermetischen Monolog: Sie spinnen bisweilen zärtliche, bisweilen konfrontative Bande zwischen dem Vorgefundenen und dem eigenem Anspruch. Musik und Sound stammen vom Komponisten Øyvind Torvund.

Durch obsessiven Umgang mit freien Mustern übersetzt der Schweizer Künstler Thomas Sauter in einem langfristig angelegten abstrakten Malerei-Zyklus das Pattern Painting (Mustermalerei) in eine gegenwärtige Form der Überlagerung und Gleichzeitigkeit. Diverse Bezüge zur Malereigeschichte wie dem Impressionismus, dem abstrakten Expressionismus oder dem Action Painting werden dabei zum Beispiel in das Dekor der Sitzbezüge der Berliner U-Bahn oder in eine triviale Tapete überführt. Für die Ausstellung based in Berlin überträgt Sauter seine Bilder auf spezielle Alufelgen, die normalerweise im Bereich des Autotunings Verwendung finden. Als hätte sich die Malerei von der Leinwand gelöst und in die Dreidimensionalität verschoben, rollen die Räder vermeintlich aus seinen Bildern heraus, um sich lose im Raum zu verteilen. Das ungegenständliche Muster scheint dabei das Rad in seiner Gegenständlichkeit zu überlagern und materiell aufzulösen. Sauters annektiert Objekte lösen sich von ihrer ursprünglichen Funktion und werden in einen Zustand der Oszillation zwischen der malerischen Abstraktion der Oberfläche und der Realität des Objekts übertragen. Parallel zu dem Zyklus der abstrakten Gemälde arbeitet der Künstler für die Ausstellung außerdem an neueren gegenständlichen Arbeiten. FF

thomassauter.com

Die Werke von Lena Inken Schaefer stellen Objekte dar, die häufig eine unklare Bedeutung voller Geheimnisse verbergen. Ihr Interesse gilt den Interaktionen von Ornamenten, die in einer Landschaft platziert sind. Deren Materialität verändert ihre Bedeutung und wird durch Gesten sowie durch Handlung und deren Prozesse erkennbar. Die jeweilige Wahrnehmung wird unter- brochen, wenn Ansichten sich verändern. Inken Schaefers Arbeiten zeichnen sich durch eine intensive konzeptionelle Herangehensweise aus. Sie untersucht die Frage von Sichtbarkeit, Geschichte und Theorie. Sie spricht über das Ornament als ein Werkzeug von Trennung und Dekoration, das—wenn man es unter dem Aspekt der Entwick- lung von ornamentalem Auftreten betrachtet—sich in der Regel selbst von der jeweiligen Umgebung absondert. Schaefer verfolgt das Thema der Abwesenheit bis hin zu Stufen von Ähnlichkeit und Abstraktion sowie deren Entstehung über Bewegung, Material und verschiedene assoziative Kontexte.

Übersetzt aus dem Englischen

lenainkenschaefer.de

Das Werk des Künstlers Ariel Schlesinger besteht aus spielerischen, gelegentlich kinetischen und häufig bedrohlichen Skulpturen, die ebenso an einen verwirrten Erfinder wie an einen Künstler der Post-Konzeptkunst denken lassen. Er verwischt die Grenzlinie zwischen Erfinder und Atelierkünstler. Seine Arbeitsweise beruht auf autodidaktischer Ingenieurskunst und energetischem Geist. Sein Werk ist häufig zweischichtig: Auf den ersten Blick nimmt man eine poetische Geste war, die sich jedoch auf den zweiten Blick ins Politische und die Androhung von Zerstörung wendet.

In based in Berlin präsentiert Schlesinger die Installation A Car Full of Gas (2009): Zwei Propangasflaschen belegen die Vordersitze eines originalen, schwarzen Mini Coopers; eine Flamme, so klein wie die eines Feuerzeugs, flackert durch ein Ventil aus einem der Seitenfenster des Fahrzeugs. Schlesinger macht aus dieser doppeldeutigen Konstruktion eine potentielle Terror-Autobombe oder aber Selbstmordfalle.

„Es geht auch um die Kehrtwendung, die im Kopf der Betrachter passiert, sobald sie begreifen, dass ein scheinbar friedvoller Raum im Innern des Autos in Wirklichkeit tödlich ist. Die Gefahr, die das Fahrzeug darstellt, lässt den Betrachter die Gefühlslage des Lebens in einem Kriegsgebiet erfahren, mit einem Werk, das friedlich und gleichzeitig tödlich wirkt,“ Ariel Schlesinger.

Übersetzt aus dem Englischen

Die Videos, Fotografien, skulpturalen Objekte und Interventionen von Jeremy Shaw beschäftigen sich oft mit den Aktivitäten und Erscheinungsformen von Jugend-Subkulturen, veränderten Bewusstseinszuständen und Psychedelischem.

Sein neues Werk für based in Berlin ist eine Variation dieser Themen. Während seiner Jugendzeit in Vancouver bekam er (wie viele Menschen seiner Generation in der ganzen Welt) durch den Film Christiane F.: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo (1981) einen ersten frappierenden Eindruck von Berlin. Inzwischen nach Berlin gezogen, spielt Shaws Werk mit der Wiederholung von Geschichte durch eine völlig andere Generation junger Menschen, die sich von überall aus der Welt in Berlin zusammenfinden. Indem er Kopien des originalen Filmplakats in verschiedenen Sprachen im Stadtraum aufhängt, und zwar ohne irgendeine Erklärung oder Kontext, setzt Shaw im Betrachter eine Art von subtile, phänomenologische Déjà-vu-Erlebnis in Gang. Seine Arbeit Best Minds Part One (2007) zeigt Aufnahmen von einem Straight-Edge-Hardcore- Konzert in Vancouver, die verlangsamt und mit einem neuen Ambient-Soundtrack des Künstlers unterlegt wurden. Die Jugendkultur des Straight Edge zeichnet sich nicht nur durch Drogen- und Alkoholabstinenz aus, sondern auch durch ziemlich heftige Metal-Rockmusik. Die Jugendlichen in diesem Film allerdings sind alles andere als nüchtern und haben sich in eine Art gewaltsame Trance getanzt, was durch den verführerischen Soundtrack nur noch unterstrichen wird: ein wenig unheimlich wirken die Bewegungen auf dem Bild.

Übersetzt aus dem Englischen

jeremyshaw.net

theimageofageneration.com

Die für die grafische Gestaltung der Ausstellung based in Berlin verwendeten Fotografien zeigen Doppelbelichtungen der Fotografin Heji Shin. Hierfür wurden Atelieraufnahmen aus dem Studio Thomas Demand mit Bildern aus dessen Garten überblendet. Die technischen Requisiten, die eingelagerten Kunstwerke und die aufgezogenen Fotografien sind folglich von den wuchernden Gärten und Büschen seines Hinterhofs überlagert. Die Fotografien widersetzen sich dabei ihrem ursprünglichen Anspruch, ein eindeutiges Abbild wiederzugeben. Die Technik der Aufnahme und das Bildsujet fallen in einer Mehransichtigkeit ineinander und erzeugen somit eine Gleichzeitigkeit. Durch die verwendete Technik, die wiederum Aufnahmen von Pflanzen und Gärten integriert, wird das Bildthema verdoppelt und verfällt in einen Looping zwischen Kamera und Pflanzen. Die Fotografien funktionieren dadurch als Bilder in Bildern, die in ihrer Überblendung die Vorstellung einer durch das Medium erzeugten Atmosphäre entgegen einem klaren Abbild wiedergeben. Für based in Berlin wurde versucht, eben diese Atmosphäre einzufangen, um ein Bild der Gleichzeitigkeit zwischen Kunstproduktion, Kunstausstellung und dem Ausstellungsort Monbijoupark zu schaffen. FF

heji-shin.com

Die Arbeiten des deutsch-amerikanischen Künstlers Timur Si-Qin beschäftigen sich analytisch mit den vorherrschenden politischen und ökonomischen Systemen der Werbe- und Konsumwelt. Durch Eingriffe des Künstlers werden eben diese Systeme der Versprechen, Utopien und Illusionen korrumpiert.

Für based in Berlin bat er die Kuratoren ein LED-Banner System aus einem Fußballstadion in den Monbijoupark zu verlegen. Die dabei entstehenden Kosten der Miete des elektronischen Werbebanners sollen von den auf ihr beworbenen Firmen selbst gedeckt werden. Im Zusammentreffen der Mechanismen einer zeitgenössischen Kunstausstellung mit den Systemen der Fußball- und Werbewelt kommt es zu ökonomischen und politischen Differenzen der Vorstellungen und Bedürfnisse beider Bereiche. Die Arbeit befindet sich somit während des Versuchs der Realisierung in stetigem Wandel: Wird die angestrebte Lösung nicht erreicht, muss das Vorgehen umgedacht und verändert werden, sodass schlussendlich die Vorgaben des Künstlers erfüllt werden. Insofern entspricht es der Logik des Werks, dass es als solches zum Zeitpunkt des Drucks des Ausstellungskatalogs noch nicht benannt werden kann und sich der Definition eines abgeschlossenen Produkts entzieht. FF

timursiqin.com

Dominik Sittigs dunkle, von rot-braunen Farbtönen dominierte Bilder haben mit ihren vielen Materialschichten eine starke Präsenz im Raum. Die differenzierte Textur ist Resultat einer Anhäufung von Schichten über Schichten, in denen Sittig massenhaft Elemente aus dem Repertoire jener Konventionen reproduziert, die die Malerei als Medium definieren. Schließlich überzieht er das Bild mit einem kloaken-braunen Schleier. Neben der schieren Plastizität und einem schwachen Schimmer unter der nahezu monochromen Versiegelung, zeugen die bunten Ränder der Leinwand von der Genese dieser Arbeiten.

Noch immer bestimmen Figuren sowie authentischer Ausdruck, Transgression und Originalität vielerorts das Denken und Sprechen über Malerei. Dem entgegen steht ihre Demystifizierung und Profanierung als reine Konventionen: jeder vermeintliche Regelbruch bedient demnach jene Klischees; jede wilde malerische Geste gibt demnach lediglich vor, Ausdruck einer heilen Subjektivität zu sein, während sie tatsächlich nur mehr Zeichen ihrer selbst ist. Sittigs Bilder können vor diesem Hintergrund als Parodien verstanden werden, als Hohlformen eines überkommenen Kunstbegriffs. Der Künstler dreht das malerische Pathos so laut es geht auf, um dann doch die Bilder zu versiegeln, sodass einzig ein dumpfes Hallen bleibt. JS

Juliane Solmsdorfs Arbeiten verbinden gegensätzliche Materialien. Ihre Skulpturen sind gekennzeichnet von Gesten und erotischer Spannung, die durch Emotionen wie Gewalt oder Sanftheit entstehen. Zugleich sind sie jedoch mehr als nur einfache, abstrakte Gesten—tatsächlich sind es Figuren mit Schilderungen über die menschliche Existenz.

Die Installationen Untitled aus ihrer Serie Neuer Lustgarten (2008) zeigen, wie Solmsdorfs Werke sowohl figurative als auch abstrakte Formen zusammenbringen, sowohl gebrauchsfertige als auch konstruierte Materialien. Sie verbergen geheime Absichten und Geschichten. Viele dieser Skulpturen ahmen direkt menschliche Formen und Charaktere nach, indem sie behutsame anthropomorphe Gesten ausführen. Sie reden über soziale und kulturelle Prozesse. In den Werken, die den Raum gleichzeitig aufteilen und ihn blockieren, liegt etwas sehr Performatives und Physikalisches während sie den Strom der Menschen, die an ihnen vorbeigehen, kontrollieren.

Übersetzt aus dem Englischen

Die Arbeiten von Fiete Stolte spiegeln seine eigene, persönliche Zeitzone wider, beschreibbar als ein mentaler Raum mit performativem Charakter. Für ihn hat ein Tag 21 Stunden und eine Woche 8 Tage — Stolte lebt und arbeitet nach seiner eigenen Uhr, in seinem eigenen Mikrokosmos. Den Ausgangspunkt hierfür bildete eine Reise um die Welt. Von Berlin aus flog er nach Osten, über Hong Kong, Sydney, Honolulu, Los Angeles, New York und London zurück nach Berlin. Die Reise dokumentierte er in der Multimedia-Installation 8 Days in a Week. Diese Arbeit, durch die man einen zusätzlichen Tag und einen zusätzlichen Sonnenauf- und untergang gewinnt, lässt einen glauben, nicht die Zeit sei aus den Fugen geraten, sondern alle um einen herum. Ohne festgelegte Dauer ist Zeit im Allgemeinen schwer zu visualisieren. Allerdings könnte man sagen, dass die Arbeit für based in Berlin, die in den Betonboden des Ausstellungsraums eingebettet ist, Dauer und Zeit als Abdruck einer Nacht des Schlafes abbilden—quasi als Überbleibsel des nächtlichen Umherwälzens. Sie visualisieren nicht nur verschiedene Zeitzonen, sondern lassen auch die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Raum verschwimmen. Übersetzt aus dem Englischen

Jana Unmüßig ist Choreografin, aber sie ist es in einem anderen Sinne als die bedeutenden Vertreter ihrer Vorgängergeneration: Die Repräsentationskritik eines Jérôme Bel und Xavier Le Roy hat sie verinnerlicht, deren Akzentsetzung aber verschoben. Die Grammatik der Bühne wird in ihrer Arbeit nicht mehr durchdekliniert, sondern sie sucht hochkonzentriert nach einem Bewegungsmoment, das sich aus dem bekannten Vokabular windet. Dieses Hinausschrauben ist minutiös vorbereitet und minimalistisch im Ton. Unmüßig zeichnet im Probenprozess Storyboards für ihre Tänzerinnen und Tänzer, auf der Bühne verdichten sich die Körper dann zu komplexen Kompositionen ohne Zentrum. Für based in Berlin hat Unmüßig zusammen mit den Tänzern Sofia Simola, Venke Sortland und Jacob Peter Kovner die Choreografie Der Himmel hängt weit erarbeitet. Die Kostüme wurden von Marie Perglerova entworfen.

Das Werk von Danh Vo, einem in Vietnam geborenen dänischen Staatsbürger, spürt einem gewundenen Weg durch komplexe kulturelle und persönliche Geschichten nach. Alles ist „Fair Play“ in seiner assoziativen Kartografie von Geschichten, angesiedelt in fast archäologisch anmutenden Konstellationen von Objekten. Mit sorgfältig konstruierten Widersprüchen weisen seine Installationen darauf hin, dass die Konstruktion von Identität sowohl eine Farce als auch ein kulturelles Phänomen ist.

Das Werk, das in based in Berlin gezeigt wird, bildet das erste Kapitel eines größeren Projekts, das die verschiedenen Bilder von Freiheit unter- sucht—oder besser das Bild von Freiheit: die Freiheitsstatue. Basierend auf der ursprünglichen Präsentation der Einzelteile der Freiheitsstatue anlässlich der Jahrhundertausstellung in Philadelphia im Jahr 1876 bildet Vo mit seinem ‚Skulptur- Info-Stand’ auf der Ausstellung ein fragmentarisches Bild von Freiheit nach. Zur Zeit arbeitet der Künstler mit dem United States National Park Service und zahllosen Herstellern in der ganzen Welt zusammen, um eine lebensgroße Kupfer-Reproduktion aller Teile der Freiheitsstatue herzustellen, und zwar für seine bevorstehende Ausstellung in der Kunsthalle Fridericianum in Kassel im September 2011—diese Statue wird sich vollkommen zerlegt im ganzen Museum ausdehnen.

Übersetzt aus dem Englischen

Eine Gruppe von 22 Tänzern, bestehend aus Künst- lern und Kuratoren in Berlin, nahm an einem zweitägigen, dokumentierten Tanztheater-Workshop teil. Sie übten Tanzfiguren aus Pina Bauschs Kontakthof ein, in dem einfache Alltagsgesten choreografiert werden, um so die Beziehungen zwischen Männern und Frauen wie auch Einzelpersonen und Gruppen auszuloten; dabei wurden die diversen Dynamiken unter den zusammenarbeitenden Künstlern und Kuratoren gespiegelt. In der daraus entstandenen Videoarbeit erstreckt sich die Choreografie über zwei unterschiedliche „Fenster“ von „Probe“ und „Performance“. Das Casting spielt bei Kontakthof eine zentrale Rolle. Ursprünglich von Pina Bausch 1978 für das Tanztheater Wuppertal geschaffen, wurde es im Jahr 2000 mit einer Gruppe Senioren neu besetzt und dann 2008 mit Teenagern. Ming erweitert diese Strategie der Besetzung für sein Projekt Kontakthope (2010)—seine Tänzer und Tänzerinnen sind Berliner Künstlern und Kuratoren, mit denen er gearbeitet hat, seit er vor drei Jahren in die Stadt gezogen ist. Das endgültige Ensemble offenbart seine Einbindung und Positionierung in der zeitgenössischen Kunstszene in Berlin, beeinflusst von seiner eigenen künstlerischen und persönlichen Identität.

Übersetzt aus dem Englischen

Die Performances der Künstlerin und Stuntfrau Helga Wretman arbeiten an den Instrumentalisierungen der uns umgebenden Waren- und Konsumwelt und entstehen meist in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern sowie im Austausch mit deren Werk. Wretman lässt sich dabei quasi als gestalterisches Element in das Werk einschleusen, indem sie sich und ihren Körper den kollaborierenden anderen Künstlern wie eine Ware zur Verfügung stellt. In ihren Einzelarbeiten nimmt sie ebenfalls im metaphorischen Sinn die Rolle einer Marionette ein, indem sie sich von der sie umgebenden Inszenierung steuern lässt. Für die Performance im Rahmen von based in Berlin vertauscht sie das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und wird selbst zur Inszenatorin. Professionelle Schauspieler und Schauspielerinnen sowie Stuntmänner und -frauen werden eingesetzt und zu ihren Akteuren. Dabei übernimmt die Künstlerin die Requisiten ihres professionellen Film- und Schauspielumfelds. In aufwändiger Akrobatik und inszenierter Bühnenaufführung schweben die Darsteller in ständiger Gefahr. In einer Zeit, in der das persönliche Sicherheitsbedürfnis zu einer zentralen Maxime wird, macht Wretman die Gefahr sowie die „Produkte der Sicherheit“ zum Thema ihrer Arbeit. FF

www.helgawretman.com

Die Videoarbeiten von Shingo Yoshida erforschen das Individuum, seine Verortung und Bedeutung in der heutigen Wirklichkeit. Sie offenbaren die Schwierigkeit des heutigen Menschen, sich in eine permanent verändernde Umgebung zu integrieren und innerhalb der globalisierten Realitäten, der sich wandelnden und verworrenen Kulturen und zunehmenden Migrationen, eine Identität und Funktion zu finden. Sein Werk, das die Frage nach unserem Ursprung, unseren Wurzeln und unserer Identifikation stellt, betont die Vorstellung von psychologischen und geografischen Territorien. In dem Video SOS Morse code-Fernsehturm (2010) inszeniert sich der Künstler selbst auf der Spitze des Fernsehturms und sendet SOS-Rufe an eine Stadt, die davon unberührt bleibt. Nah am absurden Theater stellt Yoshida die Bedeutung von Existenz infrage ohne angemessene Antworten zu finden.

In dem Video I prepared the perfect answer for what you wanted (2010) finden wir den Künstler allein inmitten des Amazonas-Dschungels. Vergeblich sucht er seinen Platz und seine Bestimmung und ist dabei einer Natur gegenübergestellt, in der jedes Element in die Entwicklung eines vitalen Ökosystems, eines bedeutungsvollen Ensembles, eingebunden ist. Im Gegensatz zur Romantik bietet die Natur hier allerdings keine Befreiung von menschlichem Leid und Zweifel, sondern wirft vielmehr weitere Fragen nach Sinn und Bedeutung auf.

Übersetzt aus dem Englischen

shingoyoshida.com